Bernhard Aichner: TOTENHAUS

"Man zittert mit der Heldin"

12. Oktober 2015
Der Thriller „Totenfrau“ mit der Bestatterin Blum als Serienmörderin sorgte 2014 für Furore. In „Totenhaus“, dem zweiten Teil von Bernhard Aichners Romantrilogie, wird Blum nun selbst zur Gejagten.

Ein Thriller mit einer Bestatterin als Racheengel: So ungewöhnlich Bernhard Aichners Heldin ist, so groß war die Begeisterung der Leser über seinen im vorigen Jahr erschienenen Roman ­„Totenfrau“. Nun folgt mit „Totenhaus“ der zweite Teil seiner auf drei Bände angelegten Serie: Bei einer Exhumierung werden in ­einem Sarg zwei Köpfe und vier Beine gefunden – die Leichenteile eines seit Monaten vermissten Schauspielers. Schnell gerät die Bestatterin in den Fokus der Ermittlungen, doch Blum ist spurlos verschwunden  … Wir haben uns mit Bernhard Aichner über seine Trilogie und seine Freude an skurrilen Typen unterhalten.

Wie erklären Sie sich den enormen, auch internationalen Erfolg von „Totenfrau“ und „Totenhaus“?
Es ist vor allem meine Hauptfigur, die die Leser fasziniert: Blum, wie sie von allen genannt wird, ist von Beruf Bestatterin, sie ist eine liebevolle Mutter von zwei kleinen Kindern und eine Serienmörderin. Man fiebert und zittert mit der Heldin, sie ist eine Sympathieträgerin, obwohl sie schreckliche Dinge tut.

Ist das nicht eine beunruhigende Erkenntnis, dass man als Leser eine Serienmörderin sympathisch findet?
Die Ambivalenz macht den Reiz meiner Hauptfigur aus. In „Totenfrau“ bringt Blum auf den ersten zehn Seiten ihre Eltern um. Ein Schock, aber es sollte von Beginn an klar sein, wozu diese Frau fähig ist, und ebenso, welch schreckliche Dinge sie als Kind erleiden musste. Ich will die Leser emotional berühren, und jeder muss dann selbst entscheiden, ob das, was Blum tut, zu rechtfertigen ist.

In „Totenhaus“ wird die Mörderin selbst zur Gejagten …
Ja, die Geschichte muss ja weitergehen. Es langweilt mich, wenn Krimiserien ein und dieselbe Story immer wieder neu erzählen. In „Totenhaus“ muss Blum  erkennen, dass es das perfekte Verbrechen nicht gibt, und sie muss für das, was sie getan hat, büßen – nicht im juristischen, aber im moralischen Sinne. Sie bereut nicht, gemordet zu haben, sie bereut, dass sie ihre Kinder in Not gebracht hat. Die Vorstellung, dass die Kinder allein aufwachsen müssen, ist für Blum nicht zu ertragen.

Sie beschreiben die Arbeit einer Bestatterin sehr akribisch. Wie haben Sie recherchiert?
Ich durfte in Innsbruck tatsächlich bei einer Bestatterin recherchieren und bei ihr in die Lehre gehen. Ihre Bedingung war, dass ich bei allem, was zu tun war, mithelfe. Das war nicht nur sehr interessant und lehrreich, sondern für mich persönlich eine ungeheuer bereichernde Erfahrung.

In Ihren ersten Krimis stand ein Totengräber im Mittelpunkt, nun ist es eine Bestatterin – ein normaler Ermittler kommt für Sie nicht infrage?
Die Krimiliteratur ist doch schon voll von Kommissaren, Detektiven, Gerichtsmedizinern und ermittelnden Journalisten! Ich will mit meinen Figuren mich und meine Leser überraschen, deshalb machen mir ungewöhnliche, skurrile Typen viel mehr Spaß. Es sind Typen, die viele Dinge anders machen. Ich denke, dass in ihnen auch einiges von mir selbst drinsteckt, denn ich lebe und schreibe auch nicht gern nach den üblichen Regeln.

Sie schreiben in kurzen Sätzen, was zusätzlich für Tempo und Spannung sorgt. Haben Sie dafür literarische Vorbilder oder ist das der Stil, der Ihnen schon immer zu eigen war?
Diese Art des Schreibens ist in den letzten zehn Jahren gewachsen. Ein eigener Stil, ein besonderer Ton war mir schon immer wichtig – genau so und nicht anders will ich schreiben.