Don Winslow: CORRUPTION

Der König von Manhattan

9. Juni 2017
In „Corruption“ malt Don Winslow ein düsteres Bild von Amerika. Sein furioser Polizeithriller erzählt von korrupten Machenschaften und einer Gesellschaft am Abgrund.

Schwarzes Jeanshemd, Levi’s, Lederjacke, Dr. Martens mit Stahlkappen. Eine Pistole am Gürtel, eine hinten im Hosenbund, Kampfmesser im rechten Stiefel. Denny Malones Montur soll heißen: Leg dich nicht mit mir an, hier bin ich der Boss! Doch nicht bloß seine Kleidung unterscheidet ihn vom normalen New Yorker Cop. Malone gehört zu einer Eliteeinheit, die dem Verbrechen im nördlichen Manhattan den Kampf angesagt hat. Er und seine Kollegen sind die Könige des Reviers, und Denny ist der Allergrößte. Er kennt sie alle, die großen Gangster und kleinen Ganoven, die Junkies, Dealer, Zuhälter und Mafiosi. Und weil er über beste Kontakte zu Staatsanwälten, Richtern und Beamten verfügt, laufen bei ihm die Fäden zusammen: in einem Netz aus Insiderwissen, Drohungen und Gewalt, Bestechung und Gefälligkeiten. 

Doch dann bekommt das FBI Wind von den Machenschaften und schnappt sich den „König von Nord-Manhattan“. Nicht etwa wegen kleiner schmutziger Deals, sondern weil Malone und seiner Truppe ein Schlag gegen die Heroinmafia gelang und sie dabei ­Millionen Dollar beiseitegeschafft haben. Denny droht jahrelanger Knast – allerdings nicht, wenn er mit der Bundespolizei kooperiert und Namen von bestechlichen Beamten und Hintermännern liefert. Denny will kein Verräter sein, kein FBI-Spitzel, steckt aber in der Zwickmühle. Schließlich geht es nicht nur um seinen Job, seine Pension, um sein Leben, sondern auch um das seiner Kameraden, seiner Kinder und seiner drogenabhängigen Geliebten.     

Fakten und Fiktion

Es ist eine brutale, düstere Szenerie, die Don Winslow im Krimi-Epos „Corruption“ entfaltet – und man darf annehmen, dass sie nahe dran ist an der Realität. Schließlich ist Winslow nicht nur als fabelhafter Erzähler bekannt, er legt auch größten Wert darauf, dass die Details seiner Romane stimmen. So bescheinigten Experten seinen grandiosen Thrillern „Tage der Toten“ (2010) und „Das Kartell“ (2015) über den mexikanischen Drogenkrieg eine fast schon beängstigende Faktenkunde. 

Für „Corruption“ hat Winslow wieder lange recherchiert. Er interviewte Polizisten und tauchte ein in die Welt der Prostitution und Drogen. Sein Roman ist aber mehr als ein temporeicher Polizeithriller. Winslow entwirft das ebenso faszinierende wie beklemmende Panorama einer korrupten Gesellschaft und der fatalen Verstrickung von Staat und Verbrechen. So gerät „Corruption“ zum brillanten Kriminal-Epos über eine gewalttätige, verkommene und ungerechte Gesellschaft – über ein Amerika am Abgrund.