Mareike Schneider: ALTE ENGEL

Ein bitterzarter Abschied

16. April 2018
Kunststudentin Franka besucht ihren Vater, der seine todkranke, garstige Schwiegermutter pflegt. Mareike Schneiders Debüt rührt an Themen und Fragen, denen kaum jemand ausweichen kann.  

Wie umgehen mit einer Oma, die ebenso garstig wie krank ist? Wie lange kann Franka, die Enkelin und Ich-Erzählerin, es in der ostdeutschen Kleinstadt bei ­dieser Patriarchin aushalten? Mit knapp 90 lebt Maria zunächst nur bei tragischen oder glücklichen Erinnerungen auf. ­Die 28-jährige Franka wiederum hat ­gerade ihr Kunststudium ­ab­gebrochen – warum, das weiß sie selbst nicht. Doch je ­länger der Besuch bei ­ihrem Vater dauert, der in D. seine Schwieger­mutter pflegt, desto versöhnlicher wird Frankas Blick: Zunehmend ­versteht sie die ­Geschichte ihrer Familie und ahnt, wer sie selbst künftig sein will. 

Mareike Schneiders ­authentischer Familien­roman beeindruckt: stilistisch mit einer tragikomischen Lakonie und inhaltlich durch die Unerbittlichkeit, mit der er unbequeme Fragen stellt: Was außer Pflichtgefühl und ­Gewohn­heit hält eine Familie zusammen? Welche ­Erfahrungen lassen Menschen verbittern? Und welche machen so frei, wie es der Vorname Franka verheißt? Angesichts des Todes, so die hoffnungsvoll stimmende Botschaft, kann un­erwartet Raum für Nähe ent­stehen, für Mitgefühl – und für Selbsterkenntnis.