Anders de la Motte: SOMMERNACHTSTOD

Verzweifelte Suche

16. April 2018
Ein schwedisches Dorf, ein spurlos verschwundenes Kind und eine Frau, die bei ihrer Suche auf eisiges Schweigen stößt. „Sommernachtstod“ ist ein fesselnder, psychologisch tiefsinniger Krimi.

Es heißt, manche Therapeuten hätten ihren Beruf nur deshalb gewählt, weil sie selber an einem Trauma leiden, das sie nicht verarbeitet haben. Auf die Gesprächstherapeutin Veronica Lindh scheint das zuzutreffen. Denn sie hat eine große Schwäche: Sie ist süchtig nach der Trauer anderer Menschen. Keine Droge wirkt besser, um den eigenen Schmerz zu vergessen. Mit 14 hat Veronica ihren jüngsten Bruder verloren. Der knapp fünf Jahre alte Billy ist im Sommer 1983 aus dem elterlichen Garten verschwunden. Ein Suchtrupp entdeckte nur eine einzige Spur: Inmitten eines Maisfelds fand sich ein blau-weißer Kinderschuh. Die Umstände von Billys Verschwinden konnten nie geklärt werden.   

Veronicas Familie ist daran zerbrochen. Die Mutter hat sich das Leben genommen. Veronica und ihr Bruder Mattias haben sich voneinander entfremdet, und jeder versucht auf seine Art, sich ein neues Leben aufzubauen, Veronica als Therapeutin, Mattias als Polizist. Der Verlust von Billy bleibt eine Narbe – die wieder aufreißt, als ein mysteriöser Mann namens Isak bei Veronicas Therapiesitzungen auftaucht. Er behauptet, ein Freund ihres ­kleinen Bruders gewesen zu sein. Doch Veronica glaubt, dass sich hinter Isaks wirren Geschichten mehr verbirgt: die Wahrheit über Billys Verschwinden. Kann sie ihrem Instinkt trauen? Oder trübt der Wunsch, etwas über den Verbleib des Bruders zu erfahren, ihr Urteilsvermögen?   

Schatten der Vergangenheit
Anders de la Motte, der wie seine Heldin in Südschweden aufwuchs, war Polizist in Stockholm, ehe er sich dem Schreiben ­zuwandte. 2010 debütierte er mit einem Thriller, der sofort zum preisgekrönten Erfolg wurde. Auch sein aktueller Kriminalroman „Sommernachtstod“, Auftakt zu einer Serie, hat das Zeug dazu, auf den Bestsellerlisten ganz nach oben zu klettern. Denn de la Motte verfügt über die Fähigkeit, eine dichte, düstere Atmosphäre heraufzubeschwören, die vom ersten Moment an fesselt. 

In „Sommernachtstod“ sind dies die Schatten der Vergangenheit, die Veronica nur besiegen kann, wenn sie nicht länger vor ihnen flüchtet. Sie beschließt, sich den Schrecken ihrer Kindheit zu stellen, und fährt in ihr Heimatdorf. Doch manche Menschen – darunter ihr Vater – wollen mit allen Mitteln verhindern, dass sie das Geheimnis von Billys Verschwinden aufklärt.  Nichts ist so reizvoll wie ein schwedischer Sommer. Und nichts so gefährlich.