KARL MARX

Rückkehr einer Ikone

27. April 2018
Sein 200. Geburtstag ist ein Anlass, um Karl Marx zu feiern. Doch viel wichtiger: Seine Schriften und Ideen sind in Zeiten von wachsender Ungleichheit, Lohndruck und Finanzkrise wieder aktuell. Neue Bücher sorgen für Durchblick. 

Als Karl Marx 1883 im Alter von 64 Jahren in ­London starb, gab es noch kein Anzeichen dafür, dass seine Ideen die Welt erschüttern würden. Kein Wunder, schließlich hatten nur wenige die bisweilen sperrigen Schriften gelesen. Pünktlich zu Marx’ 200. Geburtstag erlebt seine revolutionäre ­soziale Gesellschaftstheorie angesichts des entfesselten Kapitalismus eine Renaissance. Nicht vergessen sollten wir dabei, dass Marx’ Ideen ohne Friedrich Engels nicht zu denken sind. Davon legt Jürgen Herres’ neues Buch beredt Zeugnis ab. Die Freundschaft der beiden „ist in der europäischen Geistes­geschichte wahrscheinlich einmalig“, schreibt der Historiker. Die enge Zusammenarbeit zwischen Marx, dem scharfsinnigen Philosophen, und Engels, dem scharfzüngigen Publizisten, begann 1844. Zu jener Zeit hielten sich Marx und seine Frau Jenny in Paris auf; dort besuchte ihn Engels, und fortan bildeten sie ein perfektes Team. Diese Zeit steht im Mittelpunkt von Jan Gerbers Buch, das die neuesten Forschungen zu Leben und Werk des Denkers berücksichtigt. Apropos Werk: Die Lehre vom Klassenkampf legten Marx und Engels 1848 im „Kommunistischen ­Manifest“ nieder. Als Marx’ Lebenswerk gilt jedoch „Das Kapital“, ein vierbändiges Konvolut, dessen ers­ter Band jüngst sogar von einem „Zeit“-Redakteur gelesen und gepriesen wurde. 

Doch was ist eigentlich der Kern der marxistischen Lehre? Was bedeutet dialektischer Materialismus, und haben Lenin und Stalin die Idee von Marx verraten? Knackiger und übersichtlicher als im Sachcomic von Rupert Woodfin und Oscar Zarate lässt sich die Gesellschaftstheorie und die Folgen für die Geschichte kaum erklären. Für den Einstieg unbedingt empfehlenswert. 

Kapitalismuskritische Äußerungen von Papst Franziskus sind häufig zu hören, die Ideologie des Marxismus hält das Katholiken-Oberhaupt trotzdem für falsch. Warum? Das erläutert der Papst gegenüber Karl Marx persönlich in fiktiven Briefen, die Pfarrer Hermann-Josef Frisch ihm und seinem Widerpart in die Feder diktiert hat. Denn obwohl der Papst in Glaubensfragen qua Amt unfehlbar sein sollte, ist Marx um keine Antwort verlegen. Ein flott geschriebener, origineller Beitrag zum Marx-Jubiläum. 

Für Gregor Gysi waren Karl Marx und die Auseinandersetzung mit dem Marxismus lebenslang von größter Bedeutung. In seinem aktuellen Werk unterstreicht er Marx’ Rolle als „einer der größten Historiker und Ökonomen nicht nur unseres Landes, sondern der Geschichte“. Für den Linken-Politiker sind die Ideen des am 5. Mai 1818 in Trier Geborenen von ungebrochener Aktualität und Bedeutung für die ­gesamte Gesellschaft. Vor allem müsse, so Gysi, der Missbrauch seines Namens aufhören. Gysis These: Die Menschheit braucht eine neue Utopie. ←