Petra Hülsmann: WENN'S EINFACH WÄR, WÜRD'S JEDER MACHEN

Leseprobe & Gewinnspiel

13. Juni 2018
Damit hatte die Musiklehrerin Annika nicht gerechnet: Von ihrer Traumschule im Hamburger Elbvorort wird sie an eine Albtraumschule im Problembezirk versetzt. Dort sind die Schüler mehr an YouTube als an Hausaufgaben interessiert. Aber wenn’s einfach wär, würd’s schließlich jeder machen ...


„Ist es denn wirklich so schrecklich an der ALS?“, fragte Sebastian. 

„Ja, ist es.“

„Und warum? Weil die Schüler nicht Bengt-Ake oder Parcival-Korbinian heißen? Und weil sie andere Sorgen haben, als den ersten Preis in der Hamburger Schachmeisterschaft oder bei Jugend musiziert zu gewinnen? Weil sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mal Hockey spielen können, ganz zu schweigen von …“

„So war es am Werther-Gymnasium überhaupt nicht“, fiel ich Sebastian ins Wort. „Jedenfalls nicht ganz so extrem. Ich bin einfach nicht für diese Schüler gemacht, ich habe keine Ahnung, wie ich ihnen etwas beibringen soll. Ich kenne mich nicht aus mit besonders förderbedürftigen Kindern, ich habe das nie gelernt, und es ist mir ein Rätsel, wie ich allen Schülern gleich gerecht werden soll. Außerdem habe ich keinen Bock darauf, den ganzen Tag die Alleinunterhalterin zu spielen. Mir wird kaum etwas anderes entgegengebracht als Des­interesse und Motivationslosigkeit, und das stinkt mir ganz gewaltig.“ Schwer atmend hielt ich inne.

Sebastian sah mich völlig unbeeindruckt an. „Ja, aber das, was dich an deinen Schülern so nervt, ist doch genau das, was du ihnen auch ent­gegenbringst: Desinteresse und Motivationslosigkeit.“

„Bitte? Wie kommst du darauf?“

„Seit du an der ALS bist, hast du tagein, tagaus nur davon geredet, wie schrecklich es ist und dass du unbedingt wieder wegwillst. Warum lernst du nicht einfach, mit deinen Schülern umzugehen?“

Nun rückte ich doch ein Stück von Sebastian ab, aber der Körperkontakt zu dem Hipster ging gar nicht, also sah ich mich dazu gezwungen, wieder zurückzurutschen. „Was für ein guter Rat. Klar, ich kann es einfach lernen. Aber weißt du was? Ich kann es auch lassen und einfach wieder ans Werther-Gymnasium gehen.“

Sebastian stöhnte entnervt auf und wollte gerade etwas erwidern, doch Nele kam ihm zuvor. „Entschuldigt, wenn ich reingrätsche, aber darf ich ganz kurz mal fragen, was du vorhast, Anni? Du meintest doch, dass du jetzt weißt, wie du zurück an deine alte Schule kommen kannst.“

„Genau. Mir ist nämlich klar geworden, dass ich mich am Werther-Gymnasium nicht so sehr engagiert habe, wie ich es hätte tun können. Also habe ich beschlossen, an der ALS eine Musical-AG zu gründen, den Hamburger Schultheaterpreis zu gewinnen, der ALS eine Menge Kohle einzubringen und Furore zu machen. Und dann holen sie mich garantiert ans Werther-Gymnasium zurück.“

Nele und Sebastian sahen mich schweigend an. ­Irgendwann fragte Nele: „Das ist dein Plan?“

„Mhm.“

„Klingt bombensicher“, kommentierte Sebastian.

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