Andrea Martin: DIE GEHEIMNISSE VON OAKSEND

Zwei ungleiche Freunde

19. März 2019
Melvin ist Robins Schutzmonster. Mit ihm zusammen kann er nicht nur garstigen Schulkameraden die Stirn bieten, sondern auch die Welt der Monster kennenlernen. Wer hätte gedacht, dass diese Biester auch heute noch so mächtig sind. 

Wer Monster kennt, weiß, was für Kerle das in der Regel sind: ungewaschen, unberechenbar, unheimlich! In Andrea Martins Kinderbuchdebüt erfährt man glücklicherweise, dass sie doch nicht unter Betten schlafen (es stinkt ihnen da viel zu doll nach alten Socken). Und dass es auch gute Monster gibt – wie Melvin, das Schutzmonster von Robin, der in der Schule gemobbt wird. Der Elfjährige braucht auch wirklich dringend jemanden, der ihn beschützt. Denn noch nicht einmal sein kauziger Opa, bei dem der Junge aufwächst, steht ihm zur Seite. Melvin mit dem getupften Zottelpelz und einer aus­geprägten Vorliebe für Ekliges eröffnet Robin mit monstertypischem Charme ganz neue und herrlich absurde Möglichkeiten, den Tücken des Schulalltags sowie anstrengenden Erwachsenen ein Schnippchen zu schlagen. 

Mit einer Sprache, die sich so flüssig liest, dass man nur so durch die Seiten rutscht, erzählt die Autorin von einer Freundschaft auf Augenhöhe. Denn auch wenn Melvin seinem Schützling anfangs monstermäßig überlegen scheint, gleichen sie sich mit der Zeit an. Auch Robin hat Melvin viel zu geben und zu sagen. Schließlich muss nicht nur der Junge sein Referat bei Mrs Keeman schaffen, sondern Melvin hat ebenfalls eine Prüfung zu bestehen. Wie die beiden einander unterstützen, um jeweils in der für sie relevanten Welt zu bestehen, ist ungeheuer witzig. So geht es zum Beispiel ziemlich ab, als die beiden Freunde in die Monster-Unterwelt hinabsteigen zu den grässlichen Ratzen. Dabei zeigt dann auch so manch alter Bekannter aus der Oberwelt sein wahres Gesicht. 

Immer wieder flackert der Roman giftgrün, aber das Schöne ist, dass es genauso oft auch gemütlich zugeht: Dann naschen die zwei Freunde Biest im Schlafrock und spielen Knaddelpaddel (daneben sieht Mau-Mau wirklich mau aus). Nein, es muss nicht immer Sensationelles passieren, und Action ist gar nicht wichtiger, als einfach gut befreundet zu sein. Das Tolle an Melvin sind auch nicht seine Monsterkräfte oder sein magischer Expresstunnel Hatchpatch, das Tolle ist er selbst. 
Und Robins Mobbing-Sorgen? Und die Acht Säulen? Selber lesen!

Tanja Jeschke