Gregor Sander: ALLES RICHTIG GEMACHT

Als Mopeds „Karren“ hießen

30. August 2019
In Gregor Sanders neuem Roman teilen zwei Freunde aus Rostock alles miteinander: Mädchen, Wohnungen, Abenteuer, politische Ideale, Erinnerungen – und werden einander doch fremd.

Daniel war schon damals der Schwarm der Mädchen und Dissidenten: cool, lässig, aufsässig. Sein Freund Thomas war der schüchterne Sohn von biederen Bildungsspießern und träumte heimlich von Daniels schöner, freizügiger Mutter. Nach der Wende hatten die ungleichen Freunde dann viel Spaß in Berlin, bis sich irgendwann ihre Wege trennten. Thomas wurde ein linker Rechtsanwalt mit Villa, Volvo, Frau und entzückenden Zwillingen; Daniel trieb sich, oft am Rande der Legalität, in der Weltgeschichte herum. Bei ihrer späten Wiederbegegnung geraten die versteinerten Verhältnisse noch einmal in Bewegung. Und es stellt sich die Frage, wer alles richtig gemacht hat: Daniel, der sich mit Charme, Chuzpe und Eleganz überall durchmogelt, oder Thomas, der für alles eine ordentliche „Lösung“ hat, aber keine Idee, wie er sein Leben wieder auf die Reihe bringen könnte? 

Sander jedenfalls hat alles richtig gemacht. Seine Sprache ist unsentimental und plastisch; die Jules-und-Jim-Dreiecksgeschichte ist mit Herz, Humor und Liebe zum zeitgeschichtlichen Detail erzählt. Thomas’ Spießerfamilie und das Rostocker „Teppichstangenhinterhofglück“ leuchten manchmal fast wie bei dem Lokalmatador Walter Kempowski. Mopeds hießen „Karren“, Mädchen „Olschen“, das Deo ­„Impuls“ und das Bier nicht ganz zufällig „Hafenbrühe“; aber damals, in Kneipen wie dem Räucherpott und der Feuchten Geige, ging’s Thomas und Daniel noch gold.