Interview mit Anke M. Leitzgen und Gesine Grotrian

Regenwolken machen

25. März 2014
Haben Sie schon einmal Wachsstifte geföhnt oder mit einem Ei ein Dampfschiff gebaut? Mit Anke M. Leitzgen und Gesine Grotrian sprachen wir über ihre vor Erfindungsgeist nur so sprühende Sachbuchreihe.

Lesen trainieren, dabei aktiv sein und sich Sachwissen aneignen – alles spielerisch: Wie sind Sie auf dieses neue Konzept gekommen?
Anke M. Leitzgen: Wir haben Kinder beim Umgang mit Büchern beobachtet und mit ihnen über ihre Leseerfahrungen gesprochen. Also: Was fesselt sie? Was langweilt sie? Und warum? Es war kein einziges Kind dabei, das gesagt hat: Ich habe mich nicht bemüht, Bücher gut zu finden. Bei allen war zunächst ein großes Interesse da, das aber ganz schnell erlosch.

Warum begeistern sich Kinder für Ihre Bücher und die darin enthaltenen Experimente?
Gesine Grotrian: Weil sich eigentlich alle Kinder brennend dafür interessieren, eigene Erfahrungen zu sammeln. Sachen ausprobieren, experimentieren, forschen, Hintergründe verstehen – all das übt einen hohen Reiz aus. Wir haben die Themen für diese Buchreihe so ausgewählt, dass Kinder wie in einem Erlebnismuseum zum Beispiel selbst herausfinden können, wie Wind entsteht oder eine Regenwolke.

Woher kommen die vielen Ideen für diese erstaunlichen Experimente und Bastelvorschläge?
Gesine Grotrian: Wir haben vermutlich auf der ganzen Welt weit über 1 000 Experimente und kreative Ideen gesammelt, sortiert, ausprobiert, überarbeitet, verändert und gar nicht selten ganz neu erfunden. Rund 200 davon haben dann letztlich einen Platz in den Büchern gefunden. Die Auswahl haben wir gemeinsam mit Kindern getroffen.
Anke M. Leitzgen: Im letzten Jahr konnte ich viele Experimente aus der Buchreihe in Schulklassen testen. Einmal kamen im Anschluss daran drei Jungen zu mir, um noch mal nachzufragen: „Und so was steht wirklich in Büchern?“ Genau das möchten wir Kindern zeigen: Bücher sind wahnsinnig interessant, weil sie dein Leben total spannend machen können.

Im Band A wie Abenteuer wird gezeigt, wie man sich in der Stadt an Hauswänden entlanghangelt. Im Band K wie Körper werden die menschlichen Organe aus Plastikflaschen und Feinstrumpfhosen nachgebaut. Im Band G wie Gruseln werden aus Äpfeln Monster gebastelt. Was gefällt Kindern am besten?
Anke M. Leitzgen: Das hängt vom Kind ab. Wir haben uns bei der Themenauswahl mehrere Kinder mit unterschiedlichen Charakteren vorgestellt. Deshalb ist für jeden Typ etwas dabei: für die Bewegungskinder genauso wie für die Bastler. Für die Wilden wie für die Zartbesaiteten. Für die, die gern allein spielen, und die, die am besten mit einem Rudel Freunde unterwegs sind. Uns geht es darum, jedes Kind bei seinen Interessen abzuholen und es dann über gute Erfahrungen aus diesen Büchern auch für andere Themen zu öffnen.

Ein Herz oder eine Lunge als funktionierendes Modell zu bauen. Das klingt schwierig: Was machen sie, damit Kinder das hinbekommen?
Anke M. Leitzgen: Die verschiedenen Kapitel in den Büchern sind so aufgebaut, dass man ganz viel über die Bilder versteht. Aus dem gleichen Grund sind Comics für Leseanfänger ja auch so motivierend und helfen, ins Lesen einzusteigen. Man bekommt interessante Geschichten, aber der Leseanteil daran überfordert die Kinder nicht. Ähnlich funktionieren auch unsere Schritt-für-Schritt-Bilder bei den Anleitungen. Man kann das Wesentliche den Fotos entnehmen, und den Rest liest man dann eben nach. Wichtig war uns, dass hier Kinder Kindern zeigen, wie etwas geht. Und das motiviert die Leser dann nach dem Motto „Wenn der oder die das schafft, dann kann ich das auch!“.
 
„Forschen, Bauen, Staunen“ ist ein Gegenprogramm zum
Internet. Trotzdem enthalten die Bücher eine App. Ist das nicht ein Widerspruch?

Anke M. Leitzgen:Absolut nicht. Es geht ja nicht darum, gegen elektronische Medien zu sein. Es ist wichtig, dass Kinder schon früh einen klugen Umgang damit lernen. Wenn Kinder erleben, wie praktisch es ist, wenn man eine App zum Lernen nutzt, ist die Chance relativ groß, dass Tablet und PC später nicht nur für die sozialen Kontakte genutzt werden.