Musik

Die jungen Wilden

15. Juli 2014
Sie sind herausragende Erscheinungen der Klassik-Szene: Khatia Buniatishvili und Yuja Wang, beide 27 Jahre alt, begeistern mit Leidenschaft, Musikalität und fabelhaft virtuosem Spiel.

Wenn die schwersten Werke leicht klingen, haben Virtuosen schon mal eine Menge richtig gemacht. Die beiden jungen Pianistinnen Yuja Wang und Khatia Buniatishvili gehören in die Liga der Künstler, die die halsbrecherischsten Stücke offenbar mit links meistern. So hat sich die junge Chinesin Yuja Wang für ihre neue CD mit Rachmaninows drittem Klavierkonzert und dem zweiten von Sergei Prokofjew gleich zwei der dicksten Brocken des gesamten Repertoires aufgehalst.
An der Seite von Dirigent Gustavo Dudamel und dem Simón Bolívar Symphony Orchestra meistert sie nicht nur die haarsträubenden technischen Herausforderungen bravourös, ihr Spiel ist auch von einer Ausdruckskraft und Tiefe, die Yuja Wang mit ihren gerade einmal 27 Jahren zur Ausnahmekünstlerin machen. Dabei muss die Pianistin, die mit ihren High Heels und gewagten Kleidern im Konzertsaal auch optisch für Aufmerksamkeit sorgt, nicht immer nur die Tastenlöwin spielen: Als Partnerin des griechischen Geigers Leonidas Kavakos hat Yuja Wang auf ihrer jüngsten CD die Violinsonaten von Johannes Brahms eingespielt und beweist, wie sensibel und kammermusikalisch zurückhaltend sie spielen kann.

Fast im Gleichschritt mit Yuja Wang eroberte die
georgische Pianistin Khatia Buniatishvili die Konzertbühnen. Nicht die einzige Gemeinsamkeit der Musikerinnen: Beide sind im Jahr 1987 geboren, beide verfügen über eine außerordentliche Virtuosität und Musikalität und beide haben eine Bühnenpräsenz, die das Publikum staunen lässt und begeistert. Wer nicht in den Genuss eines Konzerts mit Khatia Buniatishvili kommen kann, sollte ihre atemberaubenden pianistischen Fähigkeiten auf einer aktuellen CD mit Stücken von Franz Liszt verfolgen: Selten hört man den ersten Mephisto-Walzer brillanter, die große h-Moll-Sonate facettenreicher und virtuoser.

Die junge Pianistin mit dem komplizierten Namen, die fünf Sprachen spricht, kann sich mittlerweile vor Angeboten kaum retten, spielt mit den bedeutendsten Orchestern in aller Welt. Doch auch Khatia Buniatishvili will sich, wie Yuja Wang, nicht auf die Rolle der jungen Wilden festlegen lassen, die vor allem Virtuoses in die Tasten donnert. Ihre jüngste CD „Motherland“ ist eine Sammlung bezaubernder Stücke von Bach bis Ligeti, die die in Paris lebende Georgierin mit so viel Zartheit und Feingefühl spielt, als wäre jede einzelne Komposition eine noch nie gehörte Kostbarkeit.