David Nicholls: Drei auf Reisen

Viel Vergnügen und ein bisschen Kummer

30. September 2014
Nach seinem großen Erfolg mit „Zwei an einem Tag“ hat der britische Autor David Nicholls  erneut einen gewitzten, traurig-komischen Liebesroman geschrieben. Dass er viel Spaß beim Verfassen der Geschichte hatte, aber durchaus auch Schreibkrisen kenne, erzählt er im Gespräch.

Eigentlich hatte David Nicholls eine ganz andere Karriere für sich vorgesehen. Schauspieler hatte er als junger Mann werden wollen, und nach einer Ausbildung an der American Music and Dramatic Academy in New York stand er tatsächlich einige Jahre auf der Bühne. Leider sei er kein besonders guter Schauspieler gewesen, sagt Nicholls heute augenzwinkernd, nur habe er sich das lange nicht eingestehen wollen. Auch die zarten Andeutungen seiner Freunde habe er damals geflissentlich überhört. Mit Anfang 30 gab er die Schauspielerei dann auf, die ihm über die Jahre mehr Kummer als Vergnügen bereitet hatte, und entdeckte sein eigentliches Talent, das Schreiben. Er adaptierte Stücke für den Film und schrieb sein erstes eigenes Drehbuch. 2003 erschien dann sein erster Roman „Keine weiteren Fragen“.

Mit feinem Humor
Der ganz große Durchbruch gelang David Nicholls 2009 mit der traurig-komischen Liebesgeschichte „Zwei an einem Tag“, die mit Anne Hathaway und Jim Sturgess in den Hauptrollen verfilmt wurde. Die Kritiken waren überschwänglich. Gelobt wurde nicht nur der raffinierte Aufbau, sondern auch Nicholls’ feiner Humor und die psychologisch genaue, anrührende Darstellung der besonderen Freundschaft zwischen der scheuen Emilie und dem draufgängerischen Dexter.

In der ersten Zeit nach dem großen Erfolg von „Zwei an einem Tag“ sei es gar nicht so leicht gewesen, sich wieder an den Schreibtisch zu setzen, erzählt Nicholls. Immer hatte er da diese Stimme im Ohr, die ihm einflüsterte: „Diese Idee ist nicht annähernd so gut, die Leute werden’s nicht mögen“ oder „Das ergibt in Brasilien oder Schweden keinen Sinn“. Doch als er dann den Einfall zu „Drei auf Reisen“ hatte, schrieb sich der neue Roman beinahe wie von selbst. „Wie schon bei ,Zwei an einem Tag‘ machte das Schreiben richtig Spaß, für mich der zentrale Gradmesser dafür, ob eine Geschichte oder eine Figur etwas taugt“, sagt Nicholls.

Eine bittersüße Liebesgeschichte
Auch „Drei auf Reisen“ ist wieder eine, wie der Autor selbst es nennt, „bittersüße“ Liebesgeschichte, die von Nicholls’ genauen Beobachtungen und seinem intelligenten Humor lebt. Während die beiden Helden aus „Zwei an einem Tag“ zu Beginn des Buchs gerade erst erwachsen geworden sind, ist das Paar aus Nicholls’ neuem Roman „Drei auf Reisen“ bereits Anfang 50, seit Langem verheiratet und auch ihre Liebe ist in die ­Jahre gekommen. Eines Nachts weckt Connie ihren Mann Douglas, um ihm zu sagen, dass sie keine gemeinsame Zukunft mehr mit ihm sieht. Sobald der Sohn aus dem Haus ist, will sie die Trennung. Douglas, der Erzähler der Geschichte, fällt aus allen Wolken. Mag seine Frau ihn auch nicht mehr lieben, er liebt sie wie am ersten Tag und er will sie zurückgewinnen. Da kommt ihm die lang geplante gemeinsame Reise gerade recht: eine Grand Tour, durch die schönsten Städte und Museen Europas, die die ­Eltern mit dem Sohn unternehmen wollen, bevor dieser zum ­Studieren fortgeht. Douglas erstellt sofort lange Listen dazu, wie er sich auf der Reise benehmen will: immer fröhlich sein, dem Sohn gegenüber großzügig, jede Provokation an sich abprallen lassen und der perfekte Reisebegleiter für Connie, sodass die ihn dann auch zu Hause nicht mehr missen will. Wenn er nicht ge­rade ­fieberhaft Pläne schmiedet, versinkt Douglas in Erinnerungen an den Beginn der gemeinsamen Liebe: er ein unscheinbarer, schüchterner Biochemiker, der im Labor an Fruchtfliegen forscht, sie eine Künstlerin, schön und lebhaft.

Mit dem Damoklesschwert der baldigen Trennung über sich, ist David Nicholls’ sympathischer Allerweltsheld dann natürlich doch nicht jener perfekte Reisebegleiter für Sohn und Frau, der er doch so gern hätte sein wollen. Immer wieder schwankt er zwischen Euphorie und Depression, überschießendem Zorn und überschwänglicher Fürsorglichkeit und noch ist die turbulente Reise nicht zu Ende.

Ein gefürchteter Satz
David Nicholls sagt von sich selbst, dass er ein ausgesprochen selbstkritischer Autor sei, der sich gern einmal in Sorgen hineinsteigere. Wie so viele Schriftsteller fürchte er dabei kaum etwas so sehr wie den Satz „Mir gefiel der letzte Roman besser“. Den wird er in den nächsten Monaten bestimmt nicht allzu oft hören müssen, denn wer sich in „Zwei an einem Tag“ verliebt hat, wird auch von „Drei auf Reisen“ begeistert sein.