Giovanni Maio: MEDIZIN OHNE MASS?

Grenzen akzeptieren

2. Oktober 2014
Schöner, gesünder, leistungsfähiger. Kann Medizin das? Sollte sie das? Sind solche Versprechungen nicht riskant? Giovanni Maios differenzierte Diagnose der modernen ­Medizin geht uns alle an.

Gesundheit ist machbar, das wird uns heute von allen Seiten suggeriert. Wir glauben, unseren Körper kontrollieren zu können. Gerade die moderne, technisierte Medizin vermittelt uns die Vorstellung, dass wir mit ihrer Hilfe beinahe jede Krankheit in den Griff bekommen und bis ins hohe Alter gesund und leistungsfähig bleiben können.

Der renommierte Medizinethiker und Arzt Professor Giovanni Maio plädiert in seinem jüngsten Buch „Medizin ohne Maß?“ für eine Ethik der Besonnenheit, die sich von den übersteigerten Machbarkeitsvorstellungen der modernen Medizin verabschiedet und so zu einer neuen Gelassenheit führt. Dabei beugt sich Maio über den gesamten Bogen des Lebens von der Reproduktionsmedizin und Pränataldiagnostik bis zur Patientenverfügung und Sterbehilfe. Viele Krankheiten lassen sich noch immer nicht heilen, körperliche Mängel nicht beseitigen. Erst wenn Patienten bereit sind, das oft Unabänderliche ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu akzeptieren, können sie ihre eigenen Ressourcen entdecken und erkennen, dass auch noch in der Krankheit ein gutes Leben möglich sein kann. Sie dazu zu ermuntern, sollte eine wichtige Aufgabe der Medizin sein, dafür plädiert Maio in diesem konzentrierten, nachdenklichen, nie pauschal urteilenden Buch.