Hörbuchsprecher Ulrich Noethen

"Der Zuhörer soll überrascht werden"

21. November 2014
Müssen Hörbuchsprecher beim Lesen lachen? Kann die Stimme müde werden? Und worauf ist bei Dialogen zu achten? Fragen an den viel beschäftigten Schauspieler Ulrich Noethen.

Gerade haben Sie „Drei auf Reisen“ von David Nicholls eingelesen, eine traurig-komische Geschichte über ein nicht mehr ganz junges Ehepaar auf Europareise. Wie ist das, wenn man so etwas einspricht: Muss man da manchmal lachen?
Beim ersten Lesen: Ja, klar. „Drei auf Reisen“ ist eine klassische, unterhaltsame Beziehungsgeschichte, etwas überspitzt und sehr gekonnt auf Pointe geschrieben. Da musste ich oft lachen. Beim Vorlesen kenne ich die Witze dann, sie dürfen mich nicht überraschen. Denn der Zuhörer soll ja überrascht werden.

Sie sind ein viel beschäftigter Hörbuchsprecher. Was tun Sie, damit Ihre Stimme nicht müde wird?
Die Stimme ist nicht das Problem, auch nach langen Tagen finde ich am nächsten Morgen stimmlich problemlos wieder den Anschluss. Nein, der Kopf wird immer schon vor der Stimme müde: Das Auge folgt zwar noch den Zeilen, der Mund redet irgendetwas, aber ich höre auf, richtig mitzudenken. Dann ist es Zeit, für den Tag Schluss zu machen.

Die Figuren, die Sie im Kino und im Fernsehen spielen, sind oft eher nachdenklich und melancholisch. Sind Sie auf solche Rollen abonniert?
Vielleicht. Es hat wohl damit zu tun, dass ich eine Abneigung gegen gewisse Formen der Simplifizierung und der Oberflächlichkeit habe. Eher interessiert mich der skeptische Blick. Ich habe mehr Fragen als Antworten.

Es ist Herbst: Was tun Sie, um Ihre Stimme zu schützen?
Nichts. In der Regel sorgt die Anspannung einer Produktion dafür, dass die Widerstandskräfte ausreichen. Erst nach der Arbeit holt sich der Körper dann sein Recht. Dann geht die Nase zu.