Wir, die Ingenieure meines Jahrhunderts, hatten nicht nur einen Beruf, sondern zwei. Der erste, gesegnete: Festungen zu errichten; der zweite, gottlose: Festungen zu zerstören.“ Der das schreibt beziehungsweise es als beinahe 100-jähriger Greis seiner Dienerin diktiert, ist Zuvi Langbein, letzter Schüler des berühmten Ingenieurs Vauban und Zeuge der Belagerung und Erstürmung Barcelonas im Verlauf des Spanischen Erbfolgekriegs.
In den Quellen wird Zuvi oder besser Martí Zuviría lediglich erwähnt als Generaladjutant des Oberbefehlshabers Barcelonas und als einer der wenigen, die nach der Kapitulation der Stadt nicht in die Hände der Belagerer fielen. Für sein erzählgewaltiges 700-Seiten-Epos hat sich der katalanische Autor Albert Sánchez Piñol, der 2002 mit seinem Roman „Im Rausch der Stille“ bekannt wurde, für Zuviría nun eine abenteuerliche Lebensgeschichte ausgedacht.So großmäulig wie hellsichtig plaudert Zuvi von seinen Anfängen als Ingenieurschüler und seiner Leidenschaft für Vaubans schöne Tochter, die ihn in die Freuden der körperlichen Liebe einweiht. Er erzählt von seinen ersten Erfahrungen mit tatsächlichen Belagerungen und Angriffsgräben und schließlich davon, wie seine Heimatstadt Barcelona mit bescheidenen Verteidigungsanlagen, aber einer zu allem entschlossenen Bürgerwehr dem spanisch-französischen Heer über ein Jahr lang spektakulär Widerstand leistete. Zuvi wird dabei seine große Liebe, Amelis, verlieren.
Wie sieht die beste Verteidigung aus?, hatte Vauban seinen Schüler einst gefragt, und der hatte von der Entfernung zwischen den Bastionen gesprochen, der Dicke der Wälle und dem Neigungswinkel. Erst während der Belagerung Barcelonas wird ihm aufgehen, dass etwas anderes noch wichtiger ist: „Sich hingeben, Zuviría, sich hingeben“.
