"Tatort"-Autoren

Könner im Schatten

12. Juni 2015
Sie erwecken „Tatort“-Kommissare zum Leben, ihre Namen erfährt der Zuschauer aber erst im Abspann. Drehbuchautoren leisten ganze Arbeit, und manche zeigen auch beim Schreiben von Kriminalromanen ihr Können.

Zehn Millionen Zuschauer saßen Ende April vor dem Fernseher, um beim letzten „Tatort“ mit dem Leipziger Ermittlerduo Saalfeld und Keppler dabei zu sein. Ein starker Abgang, lobte die TV-Kritik fast einhellig die spannende und phasenweise experimentell anmutende Folge. Wer wissen wollte, von wem das gelungene Drehbuch stammt, musste beim Abspann allerdings gut aufpassen: Sascha Arango heißt der Mann, der sich „Niedere Instinkte“ aus­gedacht hat und der es gewohnt ist, allenfalls am Rande für seine Arbeit gerühmt zu werden. Unter anderen schrieb Arango vier der hochgelobten Kieler „Tatort“-Folgen mit Kommissar Borowski. Einem breiteren Publikum bekannt wurde der 55-Jährige im vorigen Jahr, als sein erster Spannungsroman „Die Wahrheit und andere Lügen“ (C. Bertelsmann) erschien, der von der KrimiZEIT-Jury prompt unter die zehn besten Krimis 2014 gewählt wurde.

Während Arango im Prosa-Geschäft noch ein ­Novize ist, bedient Friedrich Ani schon seit Jahren gekonnt beide Genres: Er schrieb den Münchner Kommissaren Batic und Leitmayr drei „Tatort“-­Folgen auf den Leib und verfasste zuletzt das Drehbuch „Die Feigheit des Löwen“ (2014) für die norddeutschen ­Polizisten Thorsten Falke und Katharina Lorenz. Welch fabelhafter Autor Ani ist, beweist er regelmäßig mit seinen Romanen um den Privat­detektiv Süden (alle bei Droemer Knaur), der Vermisstenfälle bearbeitet. Und Anfang August startet Ani mit „Der namenlose Tag“ (Suhrkamp) eine neue Krimireihe mit Ex-Kommissar Jakob Franck.

Unter den rund 470 Autoren, die seit 1970 Typen wie Schimanski, Karl-Friedrich Boerne oder Klara Blum zum Leben erwecken, sind manche prominente Namen: Bodo Kirchhoff, Astrid Paprotta, Martin Suter, Erich Loest und Klaus-Peter Wolf – alle haben sich mit wenigstens einer Folge verewigt. Peter Zingler, dessen Autobiografie „Im Tunnel“ (Frankfurter Verlagsanstalt) vor Kurzem erschienen ist, gehört ebenso zum illustren Kreis wie Maxim Leo, dessen erster Krimi „Waidmannstod“ (Kiepenheuer & Witsch) 2014 für Furore sorgte. Und Mario Giordano, Koautor von fünf Drehbüchern, legte im Früh­-
jahr mit „Tante Poldi und die sizilianischen Löwen“ ­(Bastei Lübbe) eine launige Krimiparodie vor.

Fakten zum "Tatort"

Mit Hauptkommissar Paul Trimmel fing alles an: „Taxi nach Leipzig“ hieß die Sendung, die am 29. November 1970 über die Mattscheibe flimmerte, rund 950 „Tatort“-Episoden folgten bis heute. Als Gemeinschaftsproduktion der neun ARD-Rundfunkanstalten sowie des österreichischen und Schweizer Fernsehens sind derzeit 20 Ermittler oder Ermittlerteams im Dienst, am längsten dabei sind Kommissarin Lena Odenthal (seit 1989) und das Münchner Duo Batic und Leitmayr (seit 1991).