Lucy Astner: POLLY SCHLOTTERMOTZ

Vampirin mit Superkräften

3. November 2016
Mit diesem Mädchen ist nicht zu spaßen. Polly Schlottermotz ist so stark wie Pippi Langstrumpf und sie kann die Sprache der Tiere verstehen. Ein furioses Debüt von Drehbuchautorin Lucy Astner.

Potzblitz! Da ist Polly über Nacht doch ein Monsterzahn gewachsen, „größer als der Eisberg, der die Titanic versenkt hat!“. – Das ist natürlich übertrieben, trotzdem stiftet das messerscharfe Ding sofort jede Menge Aufregung im Leben des kessen Mädchens. Denn jetzt ist es quasi amtlich: Polly Schlottermotz, die Heldin der gleichnamigen neuen Kinderbuchreihe von Lucy Astner, ist ein Vampir! Vampire gibt es zwar seit Generationen immer wieder in der Schlottermotz-Familie, aber Polly ist trotzdem kein bisschen erfreut über diese Eröffnung. Doch zum Glück sind all die Gruselgeschichten über blutsaugende Sargbewohner nur dummes Menschenzeug. Stattdessen bekommt sie nun einfach vegane Kost und ihr tägliches Glas ekligen Blutorangensaft verordnet, um Zungenverdreher und Schwindel zu vermeiden. 

Ganz anders ist es mit ihren neu erwachten Superkräften: Die entdeckt Polly zufällig, als sie den fiesen Marvin fuchsteufelswild mit einem winzigkleinen Schubser gleich in die höchste Baumkrone katapultiert. Der magische Kontrollverlust bleibt beim geheimen Vampirrat allerdings nicht unbemerkt und so flattert Familie Schlottermotz wenig später ein Brief ins Haus, der weitreichende Folgen hat: Nur wenn Polly die Siebenschläferprüfung besteht und damit beweist, dass sie als guter Vampir alle Regeln kennt und mit ihren Kräften keinen Schaden anrichtet, darf sie weiterhin unter den Menschen leben. Da kann nur Mamas verrückte Tante Winnie im fernen Hamburg helfen: Auch die ist eine Vampirin und kennt sich aus mit Zauberei und strengen Siebenschläfern. Doch wie schwer fällt Polly der Abschied von ihren Eltern, ihrer weltbesten Freundin Leni und den beiden Ponys Gulasch und Suppe!

Wie sie sich trotz Heimweh in ihrem neuen Leben auf Groß­tante Winnies Hausboot zurechtfindet, eifrig Vampirwissen paukt, Glühwichte fängt, in dem schüchternen Paul und dem kurzsichtigen Fledermäuserich Adlerauge zwei Freunde findet und am Ende aus Mitgefühl fast die Siebenschläferprüfung vermasselt – das ist ein turbulentes und spannendes Abenteuer. Seine Botschaft: Glaub an dich und folge deinem Herzen!  

Ausgedacht hat sich Lucy Astner die fantasievolle Geschichte für ihre beiden Töchter Leni und Lotti, die dann so sehr im Polly-Fieber waren, dass sie ihre Mutter drängten, das Buch sofort an Verlage zu schicken, damit ihre Freunde es auch lesen könnten. Es hat geklappt: Unglaublich, schon zwei Wochen nach Einreichung des Manuskripts meldete sich der Thienemann-Esslinger Verlag. Kurz darauf hat sich Warner Bros. die Filmrechte an allen vier Polly-Bänden gesichert und die zweite Auflage war schon vor Erscheinen der ersten im Druck. „Glückliche Fügungen“, nennt Astner das bescheiden. 

Dabei ist ihr Talent als Drehbuchautorin für Kinokomödien unbestritten, hat sie doch schon für Til Schweiger, Matthias Schweighöfer und Veronica Ferres geschrieben. Ihre Dialoge sind lebendig und voller Sprachwitz, Pollys Kosmos bevölkert sie mit prallbunten Charakteren im Spagat zwischen Fantasy und Kinderalltag. Gruselig ist da rein gar nichts, vielmehr geht es mit viel Humor um existenzielle Themen wie Freundschaft, Anderssein und die Kraft, Herausforderungen zu meistern und sich ohne Eltern ein Stück weit in die Welt zu wagen. Vor allem aber um eine durchweg sympathische Titelfigur, die so sensibel wie impulsiv ihr Herz auf der Zunge trägt: „Polly ist so, wie ich als Kind gern gewesen wäre. Sie ist mutig und stark, aber nicht leichtsinnig. Sie lässt die Dinge nicht einfach auf sich sitzen, sondern packt sie an und ändert, was ihr nicht gefällt“, erzählt Astner. – Man darf gespannt sein, wie das Abenteuer des Vampirmädchens weitergeht. Einen Cliffhanger hat Lucy Astner schon am Ende des ersten Bands eingebaut: Kann Polly das geheimnisvolle Mädchen Isabella von Zappenduster aus ihrem Bilderrahmen befreien? Fortsetzung folgt!