Dana Czapnik: ICH WERDE FLIEGEN

Frei wie ein Junge

29. März 2019
Die 17-jährige Lucy wächst im New York der 1990er Jahre auf: Dana Czapniks Debüt „Ich werde fliegen“ ist ein wunderbarer Coming-of-Age-Roman – humorvoll, frisch und voller kluger Gedanken über die Liebe, das Leben und die Suche nach sich selbst. 

Wenn sie einen Ball in der Hand hält, wird aus „Lucy Adler, dem unsichtbaren Mädchen, Lucy Adler, Kriegsgöttin von Mannahatta“. Die 17-jährige New Yorkerin ist eine umwerfende Basket­ballerin. Sie macht die meisten Punkte in der ganzen Liga. Viel soziale Anerkennung bringt ihr das in der Schule allerdings nicht ein. Es ist das Jahr 1993, der Feminismus ein gesellschaftliches Thema, aber Mädchen sollen dennoch vor allem hübsch sein. Ob sie sportlich sind, interessiert hingegen kaum jemanden. Nur Percy, Lucys bester Freund seit Kindertagen, ist stolz auf sie, wenn sie draußen, auf den öffentlichen Basketballplätzen, zusammen spielen und Lucy wieder einmal Männer überflügelt, die ihr körperlich weit überlegen sind. Wie verliebt sie in ihn ist, bemerkt er allerdings nicht. Für ihn ist sie einfach nur seine beste Freundin, während es für Lucy „Pfeile und Honig regnet“, wenn er in der Nähe ist, „schmerzhaft und süß“. 

Aber Lucy, und das ist so schön und gewinnend an Dana Czapniks Romanheldin, ist keine, die über eine unerwiderte Liebe oder gelegentliche Hänseleien in der Schule in großes Wehklagen verfällt. Dazu ist sie viel zu eigenwillig und intelligent. Dazu hat sie viel zu viele Interessen jenseits von Liebe und über viel zu viel nachzudenken jenseits von ­sozialem Standing. Sie mag wie Percy Physik und die Existenzialisten, sie diskutiert gern über Kunst und Geschlechterrollen. Und dann ist da noch das ungeheure Glück, das sie erfüllt, wenn sie Basketball spielen darf.

Lucy ist vielleicht nicht so klein, zierlich und adrett wie jene Schulschönheiten, auf die ihr Freund Percy zu ihrem Leidwesen zu stehen scheint. Sie schminkt sich nicht und eckt immer mal wieder damit an, dass sie Dinge tut und mag, die eher von Jungs erwartet werden. Aber nichts von alldem, so der erfrischende Eindruck bei der Lektüre, wird sie davon abhalten, in ihrem Leben glücklich zu ­werden. 

Ein intelligenter und fesselnder Coming-of-Age-­Roman, der das New York der 1990er wiederaufleben lässt und von einem Mädchen erzählt, das auf eine hinreißende Art lebendig ist und widerständig.