Laura Wulff: NR. 13

"Mich reizt die Vielfalt"

25. Februar 2014
Ihr Kölner Kriminalkommissar Daniel Zucker sitzt im Rollstuhl – doch nicht nur dieser Umstand gibt Laura Wulffs Romanen eine besondere Würze. In ihrem jüngsten Thriller „Nr. 13“ geht es um Sexualverbrechen, den Umgang der Gesellschaft mit entlassenen Pädophilen und darum, dass Schwache leicht zu Opfern werden.

Frau Wulff, Ihr Kriminalkommissar sitzt im Rollstuhl. Ist ein Held interessanter, wenn er gehandicapt ist?
Laura Wulff:
Das ist nicht unbedingt so, aber es gibt der Geschichte eine zusätzliche Würze. Für Daniel Zucker ist es etwa enorm schwierig, Treppen zu überwinden, was zu sehr spannenden Momenten führen kann, wenn er einen Verbrecher verfolgt.  

Wie groß ist die Gefahr, dass reizvolle Zutaten eine Geschichte unrealistisch wirken lassen?

Als ich die Krimireihe konzipierte, habe ich lange überlegt, ob ich meine Leser mit einem solchen Ermittler konfrontiere oder ob das womöglich zu abwegig ist. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass in der Literatur mehr möglich sein sollte als in der ­Realität. „Was wäre, wenn“ – das ist doch ein wunderbares Spiel unserer Einbildungskraft.

Lassen Sie sich von realen Fällen inspirieren?
Ich halte mich nicht an tatsächliche Vorkommnisse. Aber „Nr. 13“ wurde dennoch durch die Realität inspiriert. Man hört schließlich immer wieder von Problemen mit entlassenen Straftätern. Gerade Pädophile werden vielfach geächtet, niemand möchte Tür an Tür mit ihnen leben. Dies hat mich zum Nachdenken darüber gebracht, wie man mit ihnen umgehen sollte. Es war die Geburtsstunde meines neuen Buchs.

„Nr. 13“ – das ist eine Wohneinrichtung für frühere Sexualstraftäter. In Ihrem Krimi gibt es einen Disput zwischen dem Kommissar Daniel Zucker und seiner Frau Marie, inwieweit Päderasten überhaupt therapierbar sind. Die Antwort bleibt offen.

Ich finde, dass die Situation auch in der Realität nicht eindeutig ist. Ich glaube, dass diese Menschen krank sind und Hilfe brauchen. Man sollte sie nicht an irgendwelche Orte, an denen ausschließlich Pädophile wohnen, abschieben. Mit schnellen Urteilen kommt man nicht weiter.

Sie haben dem Buch ein Zitat vorangestellt: „Es wandern die Schwachen den Starken in den Rachen.“ Will Ihr Krimi das illustrieren?
Die Schwachen werden einfach sehr leicht zu Opfern. Kinder gehören dazu, weil sie sich noch nicht in dem Maße schützen können wie Erwachsene.
 
Wie genau kennen Sie die Kölner Schauplätze Ihres Thrillers?
Die Adresse Nr. 13 ist frei erfunden, ich möchte schließlich niemanden denunzieren. Aber die Plätze, wo die Leichen gefunden werden, muss ich sehr genau kennen. Das jüdische Ritualbad etwa habe ich eingehend studiert. Mir liegt viel daran, ein Gefühl für den Ort zu bekommen.

Haben Sie die gesamte Geschichte vor Augen, wenn Sie mit dem Schreiben beginnen, oder werden Sie zuweilen vom Fortgang selbst überrascht?
Nein, das Ende ist klar. Ich glaube, dass man bei einem Krimi ­äußerst strukturiert vorgehen muss. Es ist zum Beispiel wichtig, den Leser auf falsche Spuren zu locken und so die Spannung hochzuhalten. Auch die Story meines nächsten Krimis „Töte, um zu leben“ habe ich bereits zur Gänze im Kopf. Der Vertrag mit meinem Verlag kommt überdies immer erst zustande, nachdem mein Exposé für gut befunden wurde. Das halte ich für legitim. Ich habe großes Vertrauen zu meinem Lektor, was dazu beiträgt, dass ich mich bei Mira heimisch fühle. Der Verlag plant gerade, vermehrt deutsche Autoren zu veröffentlichen, dies befördert mein Wohlbefinden noch. Ich schätze zum Beispiel die Autorin Tanja Noy sehr, deren erster Thriller „Teufelsmord“ Anfang Juli bei Mira erscheinen wird.

Unter dem Namen Sandra Henke schreiben Sie erotische Geschichten. Warum verschiedene Pseudonyme?  
Mich reizt die Vielfalt der Literatur. Aber ich möchte die Genres klar voneinander trennen. Ein Autorenname ist immer auch ein Label. Die Leser haben bestimmte Erwartungen, je nachdem, ob sie ein Buch von Laura Wulff oder von Sandra Henke in den Händen halten.