Ulrich Ladurner: DER FALL ITALIEN

Die großen Vereinfacher

10. Oktober 2019
Am Beispiel Italiens analysiert Ulrich Ladurner, wie der politische Populismus Argumente durch Emotionen ersetzt und so die Grundlagen der Demokratie beschädigt.

Noch immer ist Italien ein Sehnsuchtsland vieler Deutscher, geliebt für „la dolce vita“. Dass die Kehrseite von Temperament und Leichtlebigkeit schon seit Jahrzehnten eine unstete Politik mit vielen Regierungskrisen und -wechseln war, nahm man achselzuckend hin: So sind sie eben, die Italiener. Doch was passiert, wenn der liebenswerte Überschwang in ungehemmte Emotionen und eine dramatische Erosion der politischen Verhältnisse umschlägt? Wenn auf den „Illusionskünstler“ Silvio Berlusconi ein Grillo und ein Salvini folgen? 

Der in Südtirol geborene „Zeit“-Redakteur Ulrich Ladurner sieht in der Genueser Morandi-Brücke ein Sinnbild seines Heimatlands: 1967, bei ihrer Einweihung, wirkte sie wie der „in Stahlbeton gegossene Glaube an den Fortschritt“. Voriges Jahr stürzte sie ein, vernachlässigt und marode. So wie hier den Bürgern der Boden unter den Füßen wegbrach, ist das ganze politische und wirtschaftliche System Italiens einsturzgefährdet, analysiert Ladurner.

Mit dieser Wut, der Enttäuschung und der Angst der Menschen gehen die Populisten auf Stimmenfang. Sie versprechen eine neue Freiheit – von der EU, von den politischen Institutionen. Und riskieren dabei die Grundwerte demokratischer Gesellschaften, nicht nur in Italien. Ladurner zeigt die Mechanismen der populistischen Verführung und erinnert uns daran, worum es sich zu kämpfen lohnt: in Ita­lien, in Deutschland, in ganz Europa.