Buchjournal-Fragebogen

#Autorenbesuchen - Heute bei Cay Rademacher

8. April 2020

Die Corona-Pandemie bestimmt derzeit unser Leben – und natürlich auch das von Autorinnen und Autoren. Zu Hause arbeiten ist für sie zwar nichts Neues, doch auch ihr Alltag sieht momentan oft ganz anders aus. Wir haben nachgefragt und präsentieren unter #Autorenbesuchen regelmäßig neue Antworten aus dem literarischen Homeoffice.

Cay Rademacher geboren 1965, ist freier Journalist und Autor. Einen Namen gemacht hat er sich mit historischen Krimis aus dem Hamburg der Nachkriegszeit und einer Provence-Serie um ­Capitaine Blanc. Rademacher lebt mit seiner ­Familie in der Nähe von Salon-de-Provence in Frankreich.


Wie sehen Ihr Alltag und Ihre Arbeit momentan aus?
Für einen Schriftsteller ist das Home Office sowieso das natürliche Biotop, also ändert sich da wenig. Allerdings mache ich normalerweise auch viele Reisen durch die Provence, führe Interviews, recherchiere vor Ort – das fällt momentan alles weg. Zum Einkaufen und Joggen geht es nur noch mit Erlaubnisschein und Personalausweis raus, ansonsten darf man hier das Haus nicht mehr verlassen. (Außer für Notfälle, natürlich.) Aber ich beklage mich nicht. Meine Frau, unsere älteste Tochter und einige weitere Familienangehörige sind im medizinischen Bereich tätig, verglichen mit deren Belastungen sind meine Einschränkungen wirklich harmlos.

Was ist die größte Herausforderung?
Sich zu informieren, ohne dabei in Hysterie zu verfallen. Ich sehe morgens im Internet und abends in den Nachrichten, wie die Lage aussieht, ansonsten halte ich mich aus dem pausenlosen Corona-Geraune heraus. Man muss sich eh in Geduld üben und hoffen, dass die Infektion, wenn sie einen denn erwischt, glimpflich verläuft.

Worauf freuen Sie sich persönlich besonders, wenn die Krise mal vorbei ist?
Auf mein Segelboot.

Welches Buch lesen Sie gerade?
Alain Tourre: Histoire de la Police Judiciaire de Marseille – ein dickes Fachbuch, genau richtig für solche besinnlichen Zeiten. Aber Sie wollen wahrscheinlich das letzte deutschsprachige Buch wissen... Anna Seghers: Transit (Aufbau) – ein großer Roman über das Exil, noch in prä-covidischen Zeiten eher zufällig gelesen.

Welches Buch sollten Buchjournal-Leser*innen jetzt oder später unbedingt lesen?
Ein tolles Buch für viele lange Stunden ist Donna Tartt: Die Geheime Geschichte (Goldmann), wie überhaupt diese Autorin, die alle hundert Jahre einen Roman veröffentlicht, auf meinem Altar verehrungswürdiger Schriftsteller weit oben steht.

Was macht für Sie ein gutes Buch aus?
Klingt banal, aber das ist es wohl: Inhalt und „Sound“ (Sprache, überhaupt die Art, wie etwas erzählt wird) fesseln mich, so dass ich da nicht mehr herauskommen will.

Welches Buch würde in Ihrer Bibliothek niemand erwarten?
Von der „Bibliothek der Science Fiction Literatur“, die in den Achtzigern bei Heyne erschienen ist (herausgegeben von Wolfgang Jeschke), habe ich die ersten etwa 50 Bände alle, und alle auch gelesen. (Rätsel: Mir fehlen nur die Nummern 48 und 49, keine Ahnung, warum.)

Wie sieht für Sie (in normalen Zeiten!) ein gelungener Tag aus?
Wenn ich beim Schreiben die Welt und die Zeit vergesse – und wenn meine Familie mich dann irgendwann wieder in Welt und Zeit zurückholt.

Welche geheime Leidenschaft haben Sie?
Wenn ich die verraten würde, wäre sie ja nicht mehr geheim.

Eine Eigenschaft, die Sie bewundern?
Hartnäckigkeit.

Wofür sind Sie dankbar?
Wenn man morgens die Augen aufschlägt und die Welt ist noch da.

Hier finden Sie eine Empfehlung von Cay Rademachers Krimi "Ein letzter Sommer in Méjean". 

Cay Rademacher
Verlorenes Vernègues

DuMont Buchverlag

350 S., 16 €

ISBN 9783832181215

Cay Rademacher
Der letzte Sommer in Méjean

DuMont Buchverlag

464 S., 22 €

ISBN 9783832183714