Werner Tiki Küstenmacher: LIMBI

"Die Balance ist wichtig"

24. November 2014
In „Limbi“ erklärt simplify-Erfinder Werner Tiki Küstenmacher herrlich kurzweilig, wie wir unser emotionales Gehirn zu unserem Verbündeten machen können. Ein Gespräch mit dem Bestsellerautor.

Herr Küstenmacher, wer oder was ist Limbi?
Limbi ist mein Spitzname für das limbische System. Damit wird neben dem Hirnstamm und der Großhirnrinde die dritte Haupt­region unseres Gehirns bezeichnet. Dieses emotionale Gehirn besitzen alle Säugetiere. Limbi arbeitet unglaublich schnell, urteilt dafür aber weit weniger differenziert als die Großhirnrinde.

Ist Ihr Buch ein Plädoyer dafür, häufiger unseren spontanen, triebhaften Eingebungen zu gehorchen?
Nein, das würde zu weit gehen. Es ist leider ein bisschen komplizierter. Das Grandiose an uns Menschen ist, dass wir das rasch reagierende, impulsive limbische System haben, aber zugleich Limbi nicht ausgeliefert sind und uns über unser Großhirn mit ihm verständigen können. Die beiden zusammen bilden das Dream-Team, das uns Menschen ausmacht.

Die Schwierigkeit besteht also darin, zu entscheiden, wann gehorche ich Limbi, wann der Großhirnrinde?
Genau. Man kann Limbi nicht ignorieren, denn dessen Emotionen und Reaktionen sind ungeheuer stark, wir spüren sie unmittelbar körperlich. Wenn wir mithilfe des Großhirns unsere Ziele so formulieren, dass sie auch Limbi gefallen, können wir viel mehr Power entfalten. Die Aufgabe jedes Einzelnen ist es, herauszufinden, was seinem Limbi behagt.

Wir müssen Limbi mithin zuweilen austricksen?
Man könnte das so sagen. Aber dieses Austricksen ist ein liebevoller Umgang mit Limbi. Wir richten unsere Aufmerksamkeit häufig auf negative Dinge. Wenn man stattdessen auf die Chancen blickt, gewinnt man Limbi als Verbündeten und schafft es, unser limbisches System als raketenhaften Antrieb für unsere Motivation zu nutzen. Wenn ich eine Aufgabe mit dem Aufkleber „Unangenehm!“ versehe, dann sagt Limbi zu mir: „Ich bin doch nicht blöd“, und verweigert sich. Man muss Aufgaben so etikettieren, dass sie Limbi gefallen, das ist die Kunst.

Lässt sich der moderne Mensch zu selten oder zu oft von seinen Emotionen leiten?
Ich erlebe immer wieder Leute, denen ich mehr Limbi empfehlen würde. Da wird so viel geredet und versucht, jegliches Gefühl auszuschalten. Dann gibt es die anderen, die ganz auf ihr Bauchgefühl hören. Das führt manchmal auch zu falschen Entscheidungen. Es gibt leider keine generelle Regel. Die Balance ist wichtig.

Was ist der entscheidende Unterschied zwischen simplify und Limbi?
Limbi ist die logische Fortsetzung von simplify. Ich habe mich immer gefragt, warum ich so manche kluge simplify-Einsicht nicht verwirkliche. Jetzt ist mir klar: Das waren die inneren Blockaden meines emotionalen Gehirns. Wem „simplify your life“ weitergeholfen hat, der braucht nun also auch noch „Limbi“.

Ihr Buch enthält viele Tipps für ein gelingendes Leben. Gibt es einen Ratschlag, der Ihnen besonders wichtig ist?
Man sollte einmal am Tag das Multitasking ausschalten – zu dem wir durch unsere Großhirnrinde in der Lage sind – und sich einen Limbi-Moment gönnen, wo man ganz bei sich ist. Ratsam ist es, dafür an einen anderen Ort zu gehen. Unser Limbi ist sehr empfänglich für Plätze, für Gerüche.