Tiffany Jewell: DAS BUCH VOM ANTIRASSISMUS

Wie Smog, den wir einatmen

6. November 2020

Was ist Rassismus und was können wir dagegen tun? In „Das Buch vom Antirassismus“ erklärt ­Tiffany Jewell, woher die erniedrigende Ideologie kommt, was sie mit Menschen macht, und gibt Tipps, wie sich Hass und ­Ausgrenzung überwinden lassen. 

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd durch ­Polizeigewalt im Mai 2020 in Minnesota hat weltweit eine Welle des Protests ausgelöst. Unter dem Motto „Black Lives Matter" sind Diskussionen über Diskriminierung und strukturellen Rassismus neu entbrannt. Und das auch in Deutschland, wo Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft und Nationalität, ihrer Religion, ihres Geschlechts, des sozialen Status oder wegen körperlicher und psychischer Einschränkungen im Alltag immer wieder Diskriminierungen, Ausgrenzung oder Gewalt ausgesetzt sind. Dabei geht es nicht nur um dramatische Fälle wie bei den rechtsextremen Anschlägen in der hessischen Stadt Hanau und in ­Halle, als ein Täter kaltblütig elf junge Menschen wegen ihres Aussehens erschoss und jüdische Gläubige in einer Synagoge nur knapp dem Massenmord entgingen. Rassismus kann sich bereits in der Sprache oder in teils auch unbewussten Verletzungen und Aggressionen im Alltag äußern. 

Tiffany Jewell,  Aurélia Durand (Ill.)­
Das Buch vom ­Antirassismus

20 Lektionen über ­Rassismus und was wir dagegen tun können. Übersetzt von Elvira Willems. 
Zuckersüß Verlag, 
164 S., 24,90 €,
ISBN 978-3-9821379-3-3

Wie tief Rassismus in unserer Gesellschaft verankert ist und in wie vielen „Mikroaggressionen“ er sich äußert, beschreibt die US-amerikanische Autorin Tiffany Jewell in dem „Buch vom Antirassismus“ anhand zahlreicher alltäglicher Beispiele. So werden statistisch betrachtet achtmal so viele Schwarze Menschen grundlos von der Polizei kontrolliert wie weiße oder werden Opfer staatlicher Gewalt. Auch bei Wohnungsvermietungen, beim Zugang zu Bildung, im Berufsleben oder bei der ärztlichen Versorgung werden jene Menschen benachteiligt, die nicht der „dominanten Kultur“ der weißen, christlichen Mittelschicht angehören. Die institutionellen Benachteiligungen haben auch persönliche Vorurteile zementiert: So erzählt Jewell, wie ihre Lehrerin einen Mitschüler immer wieder schikaniert und gedemütigt hat, nur weil er lateinamerikanische Wurzeln hatte. 

„Rassismus ist wie Smog, den wir einatmen. Er hüllt uns vollkommen ein … und das schadet uns allen“, schreibt ­Tiffany Jewell und macht deutlich, wie tief verankert diese Gemengelage aus Vorurteilen und systemischem Machtmissbrauch durch Institutionen in unseren Gesellschaften ist. Sie reicht zurück bis ins 18. Jahrhundert, als europäische Wissenschaftler versuchten, Menschen anhand ihrer Hautfarbe in Rassen einzuteilen, sie zu kategorisieren wie Tiere und Pflanzen. Damit ließen sich gewaltsame Unterwerfungen wie der Kolonialismus, die Sklaverei oder reli­giöse Kriege rechtfertigen. Und obwohl die Kategorisierung in Rassen längst wissenschaftlich widerlegt ist und als frei erfundenes soziales Konstrukt gilt, halten sich entsprechende Etikettierungen und Zuschreibungen bis heute, bestimmen soziale Identitäten und beeinflussen so das Leben von Menschen. 

Du hast eine Stimme. Nutze sie. Sag die Wahrheit. Erzähl sie anderen. Schweigen ist keine Option.

Aus: "Das Buch vom Antirassismus"


Mit vielen Hintergrundinformationen und einem Glossar, in dem alle Fachbegriffe verständlich erklärt sind, zeigt die Autorin in 20 Kapiteln, wie zerstörerisch sich Rassismus auf alle Teile einer Gesellschaft auswirkt – angefangen bei einer verletzenden, ausgrenzenden Sprache bis hin zu Hass, Gewalt und sozialer Spaltung. Als Tochter einer weißen Mutter und eines Schwarzen Vaters kennt sie vieles aus eigener Erfahrung und macht allen jungen Menschen Mut, antirassistisch aktiv zu werden. Dazu gibt sie uns viele praktische Verhaltenstipps, Handlungsmöglichkeiten und „Übungen“ zum Innehalten, Reflektieren und Aufschreiben mit auf den Weg. „Das Buch vom Antirassismus“ ist ein lehrreiches Buch: Es schärft das Bewusstsein, lässt mitfühlen, regt zum Nachdenken an. Auch dank der tollen Gestaltung der jungen französischen Illustratorin Aurélia Durand schlägt man es immer wieder gern auf.

AS

Über die Autorin

Die Amerikanerin Tiffany Jewell hat einen Schwarzen Vater und eine weiße Mutter. Sie ist leidenschaftliche Antirassismus-Aktivistin, was sich auch in ihrer Arbeit als Autorin und Montessori-Erzieherin niederschlägt. 

Über die Illustratorin

Die Französin Aurélia Durand widmet sich als Illustratorin der Repräsentation von People of Color in der Gesellschaft. Zu ihren Kunden gehören Firmen wie Apple und Facebook.