Garten

Starke Schönheit

5. Mai 2023

Herrlich blühende Pflanzen brauchen oft ­regelmäßig Wasser, doch die Realität ­beschert ihnen zunehmend Hitzewellen und Starkregen. Ratgeberverlage sind auf die ­neuen Fragen von Gärtner:innen vorbereitet. 

Neues Wetter

Wie wird der Sommer werden? Schön heiß oder furchtbar heiß? Kommt ausdauernder Landregen oder zerstörerischer Stark­regen? Die Klimaforscher und Meteoro­logen sagen: Es wird vor allem länger ­anhaltende Wetterlagen geben, dadurch werden die Extreme heftiger – nass oder trocken. Hinzu kommen regionale Besonderheiten und vermutlich eine andere Verteilung der Wetterlagen: Im Osten Deutschlands kommen künftig möglicherweise noch weniger Niederschläge an. 
Das Frühjahr war in den vergangenen Jahren jeweils sehr trocken, das stresst Pflanzen gerade in der frühen Wachstumsphase. Dieser Start hat Auswirkungen bis in den Sommer – die Pflanzen können sich nicht optimal entwickeln. Sind die schlimmsten Hitzeperioden vorbei, können Pflanzen sich erholen, der Spätsommer gönnt ihnen eine neue Blüte. Milde Herbste verlängern die Gartensaison bis in den Oktober, es folgt ein milder Winter mit wenigen Schnee- oder Kälte­tagen. Die Stechmücken freut’s …
Im Verlag Eugen Ulmer hat man sich schon vor Jahren mit den veränderten Bedingungen für das Gärtnern beschäftigt. „Allerdings war der Begriff Klimawandel in der öffentlichen Diskussion noch nicht so präsent wie heute“, berichtet Gartenlektorin Doris Kowalzik. „2018 haben wir ein Buch zu dem Thema ‚Genießen statt gießen‘ genannt. Heute, nach der extremen Trockenheit der Jahre 2021 und 2022, ist ein Titel wie ‚Echte Hitzeprofis‘ oder ‚Wächst fast ohne Wasser‘ (Verlag Eugen Ulmer) für Leser:innen sofort verständlich.“ Auch von „Superpflanzen“ liest man gern: Es gibt tatsächlich Pflanzen, die einen Starkregen gut überstehen und eine Hitzeperiode wegstecken – wenn man ihnen gute Grundlagen ermöglicht. Bei Ulmer arbeitet man seit Langem mit Autor:innen zusammen, die sich in der Pflanzenwelt sehr gut auskennen. „Wir wollen tiefer buddeln, nicht nur an der Oberfläche kratzen“, sagt die Lektorin lachend. 

Praktische Tipps

Die Autorinnen Katrin Lugerbauer und Elke Schwarzer haben eine Reihe interessanter, einfacher Maßnahmen parat: 

  • Pflanzen standortgerecht einsetzen: An der richtigen Stelle sind Pflanzen robuster und halten Klimakapriolen besser aus.
  • Wenn, dann Wasser bewusst und gezielt einsetzen: an die Wurzeln gießen, keinen Sprenger verwenden.
  • Durstige Pflanzen (wie Phlox) einfach näher an die Wasserstelle pflanzen.
  • Durch Mulchen Verdunstung reduzieren und damit auch die Wasserhalte­fähigkeit des Bodens verbessern.
  • Pflanzen, die sich selbst ausgesät haben, mögen ganz offenbar diesen Stand­ort. Man kann sie einfach dort dulden. 
  • Mit dem bevorzugten Einsatz heimischer Pflanzen macht man den Insekten Freude. Viele Insekten sind auf spezielle Arten angewiesen und können Pflanzen aus anderen Erdteilen nicht nutzen. Vor allem gefüllte Blüten bieten ihnen keine Pollen.

Naturnahe und bunte, wilde und robuste Gärten

So kann man beginnen, einen vorhandenen Garten nach und nach umzugestalten. Möglicherweise sieht der Garten dann anders aus – es gibt vielleicht weniger durstige Prachtstauden, dagegen mehr kleinblütige Pflanzen, mehr wiesenartige Bereiche. „Mein Garten, eine Steppe?!“, mag da mancher Gärtner, manche Gärtnerin japsen. Katrin Lugerbauer sieht das positiv: „Eine Steppe ist doch ein wunderbarer Lebensraum – und keineswegs so karg, wie der Name vielleicht denken lässt!“ Ein Umdenken unterm Gärtnerhut, wenn man undogmatisch rangeht, erhöht also durchaus die Zufriedenheit.

„Wir Gärtner müssen uns anpassen, nicht die Pflanzen“, das ist die Erfahrung und Überzeugung der Autorin Simone Kern, berichtet Kosmos-Lektorin Carolin Küßner. Dafür hilft es, sich mit dem Mikroklima im eigenen Garten vertraut zu machen, sich Wissen anzulesen und sich durch Gespräche mit gärtnerisch erfolgreichen Nachbar:innen aufzuschlauen (beim Plausch über den Zaun wechselt vielleicht auch die eine oder andere Blumenzwiebel die Heimat). Durch Kompostieren den Boden zu verbessern ergibt ebenfalls Sinn (wenn auch Arbeit; Lifehack: Teebeutel nur ohne Schnur in den Kompost!), zudem mulchen und hacken, selbst wenn es dann im Beet nicht mehr so dekorativ aussieht. Bei zunehmender Trockenheit sollte man eine Um­gestaltung erwägen, denn: „Man kann nur mit der Natur, nicht gegen sie gärtnern.“ Heißt: vorausschauende Planung für eine langfristige Umgestaltung. Alles hängt miteinander zusammen! Kleinräumige Standortfaktoren in der Wechselwirkung von Boden, Licht, Wasser und gewählten Pflanzen prägen den Garten in seinem gesamten Erscheinungsbild. Kleine Veränderungen lassen sich über das Frühjahr und den Sommer realisieren, über große kann man im Winter nachdenken – und nach­lesen. Viele Ratgeber setzen auf Hands-on-Anleitungen zum Nachmachen, mit Einkaufslisten und Pflanzplänen. Es ist Zeit für einen Perspektivenwechsel im Denken – mit blühender Fantasie. • Petra Gass

Fotos: 

Oben: Elfenbein-Mannstreu (Mitte), Katzenminze (links) und Strahlen-Breitsame (im Hintergrund und rechts)

Mitte: Das exotisch ­wirkende Wald-­Geißblatt wächst schnell – und ­Insekten lieben es

Unten: Ansaat auf Schotterrasen