Lo Malinke: ALLE UNTER EINER TANNE

"Die Notlüge war bei uns ein Hausrecht"

20. November 2014
Robert und Elli sind geschieden, spielen ihren erwachsenen Kindern aber an Weihnachten die heile Ehe vor. Lo Malinkes Roman „Alle unter eine Tanne“ nimmt mit viel Witz unser heiliges Fest der Liebe aufs Korn.

Warum sagen Robert und Elli den Kindern nicht die Wahrheit?
Die beiden kennen ihre Brut gut genug, um zu wissen, dass ihre moralisch dehnbaren Alt-68er-Ansichten den Ansprüchen ihrer Kinder an bürgerliche Moral nicht gerecht werden.

Wie sind Sie auf die haarsträubenden Notlügen gekommen, mit deren Hilfe Robert und Elli die Anwesenheit ihrer neuen Partner zu erklären versuchen?
Meine Familie war selbst immer sehr bemüht, ihre Geheimnisse sicher über Feiertage und Familienfeste zu retten. Die Notlüge war bei uns so etwas wie ein Hausrecht. Gäste, die bei Unterhaltungen plump mit der Wahrheit ins Haus fielen, betrachtete man bei uns mit Skepsis. Insofern waren die Lügengeschichten, mit denen die Mitglieder meiner Romanfamilie einander überziehen, wie ein literarisches Nachhausekommen.

In vielen Familien wird an Weihnachten ja tatsächlich eine Komödie aufgeführt.
Dafür habe ich viel Verständnis. Brutale Wahrheiten muss man nicht unter dem Weihnachtsbaum verkünden! Die endlosen Spaziergänge, die gelangweilten Kinder und das ständige Essen – das zu überleben finde ich anstrengend genug.

Im Unterschied zu Ihren Figuren verbringen Sie hoffentlich friedliche Weihnachten?
Wir nehmen uns das jedes Jahr wieder vor – und werden wie an jedem Weihnachtsfest glorreich daran scheitern.