Matthias Heine: KAPUTTE WÖRTER?

Auf dem Prüfstand

14. Oktober 2022

Sind sie noch zu retten? In seinem neuen Duden-Sachbuch begutachtet Matthias Heine rund 80 Wörter, die hierzulande kaum noch unbefangen gebraucht werden – weil sie inzwischen als ausgrenzend oder mindestens gestrig gelten.

Das Auge isst nun mal mit: Seit diesem Frühjahr preisen Bäckereien den „Zupfkuchen“ meist ohne – falsche – russische Herkunftsbezeichnung an, und längst heißt eine beliebte Schaumzuckersüßigkeit vielerorts „Schokokuss“. Übertriebene Political Correctness oder überfällige Woke­ness? Sprache wandelt sich mit der Gesellschaft – und über die angemessene Wortwahl wird nicht erst im Internet-Zeitalter, sondern „spätestens seit der Erfindung der Druckerpresse“ erbittert gestritten, wie Matthias Heine zu bedenken gibt. Der Duden-Bestsellerautor hat sich in der aufgeheizten Debatte einen kühlen Kopf bewahrt und punktet weiterhin lieber mit Expertise statt mit Polemik. 

Für sein neuestes Sachbuch hat er rund 80 als heikel geltende Wörter von „Abtreibung“ bis „Zwerg“ auf den Prüfstand gestellt – mit dem Ziel, aktueller Kritik nicht vorschnell nachzugeben, sondern Wort für Wort dessen Ursprung und ­historischen Gebrauch zu berücksichtigen. Auf „Reparaturfähigkeit“ abgeklopft werden vor allem oft gemiedene Ausdrücke wie „Zigeunerschnitzel“, „Schwarzafrika“, „Fräulein“, „Eskimo“ oder „Eingeborene“, doch wir begegnen auch Prüflingen wie „Curry“, „Punkt“, „Mission“ oder „Milch“.

So weit, so gründlich. Und wer weder zu bequem ist, Neues zu lernen, noch Althergebrachtes aus gutem Grund zu verlernen, wird die ebenso fundierten wie meinungsstarken Empfehlungen des Autors gern für ein gedeihliches Miteinander zu Rate ziehen.

ARIN

Matthias Heine
Kaputte Wörter?

Vom Umgang mit heikler Sprache. 
Duden, 304 S., 22,– €, 
ISBN 978-3-411-75690-2

Über den Autor

Matthias Heine, Jahrgang 1961, ist ein deutscher Journalist und Autor. Seit 2010 ­arbeitet er als Kulturredakteur bei der „Welt“. Er veröffentlicht regelmäßig ­erfolgreiche ­Sachbücher bei Duden, zuletzt „Krass“ über die deutsche Jugendsprache.