Christoph Drösser: WENN DIE DINGE MIT UNS REDEN

Stumm war gestern

8. Oktober 2020

Warum (über)schätzen wir Alexa, Siri und Co.? Wie funktionieren eigentlich neuronale Netze und Deep Learning? Christoph Drösser klärt auf über KI und Computerlinguistik. 

Zeigt das Display Ihrer Waschmaschine auch „Bis bald“ an, bevor sie ausgeht? Wer dies freudig bejaht, hat vielleicht auch eine digitale Mitbewohnerin namens Alexa oder Siri – und schätzt es, wenn das Smartphone auf Zuruf laustark Infos preisgibt. So weit, so komfortabel. Ist neuerdings Schweigen Silber und Reden Gold? Autor Christoph Drösser lässt sich von den faszinierenden Vorzügen geschwätziger Geräte nicht blenden, sondern kennt auch die Gefahren von Deep Learning und neuronalen Netzen: Der renommierte Wissenschaftsjournalist hinterfragt die Serviceversprechen der Tech-Firmen, moniert Datenschutzmängel ebenso wie diskriminierende Algorithmen und erläutert angenehm nüchtern die Vor- und Nachteile von Roboterjournalismus und Chatbot-Kampagnen.

Zudem unterfüttert er den technologischen Status quo mit historischem Hintergrundwissen: Was 1769 (!) mit dem „Schachtürken“ begann, gipfelt in der Kids-Version von Amazons Echo-Dot-Speaker, die den Gebrauch von „bitte“ belohnt. Ein Algorithmus, bei dem jedes Kind mit muss? Nein, aber Drössers Buch geht uns alle an – Stichwort „Anthropomorphismus“: Alexa, Siri und Co. sind nicht zufällig so designt, dass sie statt blechern mit echt klingenden menschlichen Stimmen sprechen.

So schreiben wir ihnen ­automatisch eine Persönlichkeit, ja sogar Emotionen zu – und überschätzen zwangsläufig ihre Intelligenz. Die Menschheit hat sich mit dialogfähigen Maschinen wohl in ein neues Zeitalter katapultiert.  ARIN

Christoph Drösser
Wenn die Dinge mit uns reden

Dudenverlag, 
160 S., 16,– €, 
ISBN 978-3-411-74225-7
 

Über den Autor

Christoph Drösser, Jahrgang 1958, lebt seit 2014 als freier Journalist und Autor in San Francisco – nah am Silicon Valley. ­Zuvor arbeitete er ­lange Jahre als Redakteur bei der „Zeit“. Zu ­mathematischen und ­natur­wissenschaftlichen ­Themen verfasste er auch ­zahlreiche Bücher.