BELLETRISTIK

Leseprobe "Yoga Town"

12. Oktober 2023

In "Yoga Town" von Daniel Speck begleiten Leser:innen die junge Yoga-Lehrerin Lucy eine spirituelle Reise, die ihre jungen Ideale auf eine ­existenzielle Probe stellt. Leseprobe. 

„Yoga Town“ folgt der Berliner Yogalehrerin Lucy und ihrem Vater Lou auf ihrer Reise nach Indien, wo sie Lucys verschwundene Mutter suchen. Unterwegs erzählt Lou seiner Tochter, wie er ihre Mutter kennengelernt hat – 1968 auf dem Hippietrail von Hamburg über Kabul ins indische Rishikesh am Ufer des Ganges. 
Für Lucy eine spirituelle Reise, die ihre jungen Ideale auf eine ­existenzielle Probe stellt. In dem verfallenen Ashram des Gurus ­Maharishi entdeckt Lucy das ­tragische Geheimnis ihres ­Vaters. Indem sie die Vergangenheit ans Licht holt, findet sie einen neuen Sinn für ihr eigenes Leben.

Leseprobe

Es gibt drei Arten von Reisenden: Die einen wollen von irgendwo weg. Die anderen wollen irgendwo hin. Und dann gibt es Leute, die reisen, um unterwegs zu sein. Nie stehen bleiben. Nie zurückschauen. Immer weiterziehen. Das waren meine Eltern. Als sie jung waren. Heute, wo du vorher schon weißt, wie es anderswo aussieht, gibt es kaum noch Reisende, nur noch Touristen. Der Unterschied ist, dass Touristen wegfahren, um ein anderes Land zu sehen, dort aber Teil des Problems werden, dass alles, was dieses Land ausmacht, zunehmend verschwindet. Reisende brechen ins Unbekannte auf, um als andere Menschen zurückzukehren. Ich frage mich, wie das Leben meiner Eltern verlaufen wäre, wenn sie damals nur Touristen gewesen wären. Warum konnten sie nicht einfach ein paar Fotos machen und wieder umdrehen? Warum mussten sie unbedingt das Tor zum Paradies knacken und vom Baum der Erkenntnis essen? Sie hätten ein paar exotische Souvenirs mitgebracht, lustige Anekdoten, aber keine Geschichte. Ihr Leben wäre leichter verlaufen. 
Nur, ohne diese Geschichte wäre ich nie auf die Welt gekommen.