Thüringer Literaturstipendium 2021

12.000 Euro für Emma Braslavsky

12. Februar 2021

Emma Braslavsky erhält das Harald Gerlach-Literatur-Stipendium 2021 des Landes Thüringen für ihr neues Buch "Erdling". Die Jury lobte die "souveräne sprachliche Qualität des Textes".

Emma Braslavsky, eine gebürtige Erfurterin, bekommt die Förderung für Ihr neues Buchprojekt "Erdling", wie die Kulturstiftung des Freistaats Thüringen mitteilt. Laut Autorin sei es "ein neuer Faust-Stoff, ein Text über Glaube und wie daraus Identität und Gedächtnis entsteht, über den Drang des Menschen, über sich hinauszuwachsen, den Hang, sich und andere zu utopisieren, um besser zu werden, aber sich dabei gleichzeitig zu zerstören." Es wird ihr fünftes Buch und soll im Suhrkamp Verlag erscheinen.

In der Jury-Begründung heißt es: "Neben der souveränen sprachlichen Qualität des Textes überzeugte die Jury die originelle Metaphorik der Geschichte, mit der Emma Braslavsky hochaktuelle gesellschaftliche Problemlagen veranschaulicht. … Es ist der zeitgenössische Mensch selbst, der sich die Wirklichkeit untertan macht, sie individuell umdeutet und umformt, bis sie sich wie aus der Verankerung gerissen verselbständigt hat."

Mitglieder der Jury waren: Daniela Danz, Bernhard Fischer, Nancy Hünger, Eberhard Kusber und Joachim von Zepelin.

Emma Braslavsky, geboren 1971 in Erfurt, wo sie auch aufwuchs, verbrachte einen Großteil ihrer Jugend mit Theater und Tanz, und befasste sich da bereits intensiv mit Goethes Faust. In ihrem Lebenslauf schreibe sie: "Im Frühsommer des Mauerfalljahres verließ Braslavsky ihre Heimat fluchtartig und reiste seitdem über die Kontinente, blieb zeitweise zum Studium oder zum Arbeiten in Moskau, New York, Rom, Vietnam und Tel Aviv. Ein Jahr vor der Jahrtausendwende erhielt sie den Magister Artium an der Humboldt-Universität in Berlin. Seitdem arbeitet sie als freie Autorin und Kuratorin in Berlin."

Zur Auszeichnung

Einmal im Jahr vergibt die Kulturstiftung im Rahmen der Literaturförderung das Thüringer Literaturstipendium "Harald Gerlach". Das Ziel ist, Autoren*innen die Möglichkeit zu geben, über einen längeren Zeitraum intensiv an einem aktuellen Vorhaben zu arbeiten. Das Stipendium wird für ein Jahr vergeben und ist mit 12.000 Euro dotiert. Die Voraussetzungen sind ein literarisch hochrangiges Projekt (Prosa, Lyrik oder Dramatik) dessen Texte noch unveröffentlicht sind, sowie entweder ein ständiger Wohnsitz bzw. der Geburtsort des Autors oder der Autorin in Thüringen oder aber ein deutlicher Thüringenbezug des Projekts selbst.

Das nach dem Thüringer Autor Harald Gerlach (1940–2001) benannte Literaturstipendium wurde durch eine Initiative des Schriftstellers Ingo Schulze 2008 ins Leben gerufen.

Die bisherigen Stipendiaten*innen waren: Lutz Seiler (2009), Jan Volker Röhnert (2010), Christian Rosenau (2011), Daniela Danz (2012), Bärbel Klässner (2013), Hubert Schirneck (2014), Nancy Hünger (2015), André Schinkel (2016), Ron Winkler (2017), Peter Neumann (2018), Vera Vorneweg (2019) und Stefan Petermann (2020).

Wegen Corona: Doppelte Preisverleihung

Stefan Petermann erhält das Stipendium für sein neues Romanprojekt "Lange Stille". In seinem Exposé schreibt Petermann der Mitteilung zufolge: "Diese Geschichte beginnt im Jetzt und endet in dem, was passieren könnte. Es ist eine dystopische Erzählung darüber, wie etwas verloren gehen wird, darüber, was einem Land geschehen könnte, den Menschen dort, was in ihren Händen liegt, ihren Worten. Es ist eine Geschichte der Zukunft und dabei eine der Gegenwart."

Petermann wurde 1978 in Werdau in der DDR geboren, wuchs nach dem Mauerfall in Ostdeutschland auf. Seit seinem Studium an der Bauhaus Universität lebt er in Weimar. Für ihn sei die Recherche und das Überprüfen von Herkunft ein elementares Anliegen.

In der Jury-Begründung heißt es: "Es ist, wie Stefan Petermann in seinem Exposé schreibt, 'eine Geschichte der Zukunft und dabei eine unserer Gegenwart' und wir brauchen sie in der Sprache, mit der nur Stefan Petermann sie erzählen kann. … Es gibt der Texte über das Leben in Ost und West in Vergangenheit und Gegenwart viele, im letzten Jahr und auch in diesem, in den der 30. Jahrestag der deutschen Einheit fällt, werden sie im Brustton der Authentizität erzählt. Aber braucht die Erzählung des Trennenden und Verbindenden beider Teile Deutschlands nicht auch einen sezierenden, einen konzeptionell-literarischen Blick, um die Mechanismen der Narrative in der Narration selbst zu reflektieren? Stefan Petermann geht es genau um jene Distanz zur Nähe. … Und er ist, um dies alles noch einmal zusammenzubringen, ein sehr wichtiger, stiller und unermüdlich tätiger Motor des Thüringer Literaturlebens."

Die letzte seiner Publikationen habe große Resonanz erfahren. Der eindrucksvolle Text-Bild-Band "Jenseits der Perlenkette – eine Reise in die kleinsten Dörfer Thüringens" sei ein gemeinsames Projekt mit der Filmemacherin Yvonne Andrä. Ausstellungen und Lesungen begleiten dieses Projekt. Petermann sei ein reger Literaturakteur, der sich unterschiedlicher Medien bedient.Neben seinem Romanprojekt widmet er sich zum Beispiel auch gerade dem Projekt "Mindestnähe". Zusammen mit Nancy Hünger entwickle er ein "Corona-Manual", in dem jede Woche zu einem Begriff Texte verfasst werden (www.mindestnähe.de).