Daniel Kehlmann ausgezeichnet

„Ähnlich wie Thomas Mann“

24. November 2020

Daniel Kehlmann wird von der Stadt Alzey mit dem Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis 2021 geehrt.

Der Preis würdigt das Gesamtwerk des deutsch-österreichischen Schriftstellers. Er ist mit 7.500 Euro dotiert.

Die Begründung der Jury:

„Ähnlich wie die späteren Nobelpreisträger Thomas Mann und Günter Grass gelang Daniel Kehlmann bereits in relativ jungen Jahren der internationale Durchbruch. 2005, da war Kehlmann 30 Jahre alt, erschien sein Roman ‚Die Vermessung der Welt‘, eine fiktive Doppelbiografie des Mathematikers Carl Friedrich Gauß und des Naturforschers Alexander von Humboldt. ‚Die Vermessung der Welt‘ wurde ein ebenso überraschender wie überragender internationaler Bestseller, in mehr als 40 Sprachen übersetzt, unter anderem als Hörspiel bearbeitet und erfolgreich verfilmt. Damit gelang Kehlmann einer der größten Erfolge der deutschen Nachkriegsliteratur. In der Folgezeit veröffentlichte Kehlmann unter anderem die vielbeachtete Geschichtensammlung ‚Ruhm‘ und den Roman ‚F‘. Beide erreichten Platz 1 der Spiegel – Bestsellerliste, konnten aber noch nicht aus dem Schatten der ‚Vermessung der Welt‘ treten. 2017 dann erschien ‚Tyll‘, die fiktive Lebensgeschichte Till Eulenspiegels – Kehlmanns siebter und für verschiedene Kritiker*innen bester Roman. Wie ‚Die Vermessung der Welt‘ ist ‚Tyll‘ ein vordergründig historischer Stoff. Kehlmann jedoch verfremdet bewusst das historische Material und zerstört jegliche Erwartungshaltung der Leser*innen auf eine zuverlässige Erzählung von Vergangenem. In ‚Tyll‘ wird eine mythische Gestalt (Till Eulenspiegel) aus der Zeit des 30jährigen Krieges lediglich zum Leben erweckt, um die Traumatisierung der Menschen durch Kriegserfahrung und eine aus den Fugen geratene Welt für uns neu zu durchleben. Es entstand damit ein virtuoses Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion, das gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Coronakrise zeitlos und visionär erscheint. So wirkte es fast wenig überraschend, dass ‚Tyll‘ ausgerechnet im Jahr 2020, drei Jahre nach seiner Erstveröffentlichung in Deutschland, die Shortlist des britischen ‚International Booker Prize‘ für den besten fremdsprachigen Roman erreichte.“

Über Daniel Kehlmann

Neben seiner Tätigkeit als Romanautor veröffentlichte Daniel Kehlmann verschiedene Bühnenstücke und wirkte als Übersetzer. Er wurde vielfach ausgezeichnet und war unter anderem als Gastdozent für Poetik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie als Poetikdozent der Universitäten Göttingen, Tübingen und Frankfurt. Er ist Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und Literatur, der Freien Akademie der Künste in Hamburg und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Aktuell hält er Vorlesungen als Gastprofessor am German Department der New York University.

Über den Preis

Der Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis wird seit 1988 alle drei Jahre zu Ehren der in Alzey geborenen Schriftstellerin verliehen. Bisherige Preisträger sind Rafik Schami, Peter Härtling, Barbara Honigmann, Hanns-Josef Ortheil, Luise Rinser, Rolf Hochhuth, Wulf Kirsten, Ursula Krechel, Christa Wolf, Claude Vigée und Ulla Hahn.

Die Preisverleihung findet voraussichtlich am 27. Februar 2021 statt.

Mitglieder des Literarischen Beirat zur Vergabe des Preises sind:

  • Thomas F. Koch (Literaturkritiker)
  • Karl-Josef Kuschel (Literaturwissenschaftler)
  • Irina Wittmer (Schriftstellerin aus Mainz)
  • Karlheinz Müller (Vorsitzender der Elisabeth-Langgässer-Gesellschaft in Darmstadt)
  • Gerhard Hoffmann (Schulleiter a. D. des Elisabeth-Langgässer-Gymnasiums in Alzey und Vertreter der Stadt)