Schweizer Buchpreis

Christian Kracht und Veronika Sutter auf der Shortlist

15. September 2021

Martina Clavadetscher, Thomas Duarte, Michael Hugentobler, Christian Kracht und Veronika Sutter stehen auf der Shortlist für den Schweizer Buchpreis 2021. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 42.000 Schweizer Franken dotiert. 

Für den Schweizer Buchpreis 2021 prüfte die Jury über 92 Titel aus 65 Verlagen, so die Preisstifter. Jurysprecher Daniel Graf: "Auf der Shortlist finden sich große Namen und echte Entdeckungen. Das klassische Erzählen und das Experimentelle. Das Historische und die Zukunftsvision. Das Abgründige und das Humorvolle. Das Politische und das Verschrobene. Mehr muss man zu Vitalität und Vielseitigkeit der Deutschschweizer Gegenwartsliteratur nicht sagen."

Die Jury über Martina Clavadetscher: "Die Erfindung des Ungehorsams" (Unionsverlag)
Drei Frauen und die Frage nach künstlicher Intelligenz stehen im Zentrum des zweiten Romans von Martina Clavadetscher. Iris, die in Manhattan ungeduldig auf die nächste Dinnerparty wartet. Ling, die in einer Sexpuppenfabrik in China künstliche Frauenkörper auf Herstellungsfehler kontrolliert. Und Ada Lovelace im alten Europa, die visionäre Pläne für neuartige Maschinen entwickelt. Ein Roman über den Kern der Dinge, der durch seine thematische Aktualität und sprachliche Kraft besticht.

Die Jury über Thomas Duarte: "Was der Fall ist" (Lenos Verlag)
Ein Sachbearbeiter einer Stiftung erscheint nach Mitternacht auf einem Polizeiposten und erzählt, wie sein Leben aus den Fugen geraten ist. Er wird finanzieller Unregelmäßigkeiten verdächtigt, lässt eine illegal arbeitende Frau im Büro wohnen, deren Lebensberichte ihrerseits Teil der Geständnisse sind. In seinem Debütroman "Was der Fall ist" entfacht Thomas Duarte ein funkelndes Erzählfeuerwerk, und er entlarvt dabei so ernsthaft wie ironisch die Absurditäten unserer Arbeitswelt.

Die Jury über Michael Hugentobler: "Feuerland" (dtv)
Thomas Bridges, der Ziehsohn eines englischen Missionars, wächst Mitte des 19. Jahrhunderts in Südamerika unter den Kindern der Yamana auf. Fasziniert und obsessiv legt er ein Wörterbuch ihrer reichen Sprache an, das später in die Hände eines deutschen Völkerkundlers gerät. Als die Nationalsozialisten in den 1930er-Jahren beginnen, Bibliotheken zu plündern, gilt es, das Nachschlagewerk unter allen Umständen in Sicherheit zu bringen. Eine subtil erzählte Geschichte zwischen kolonialen und nazistischen Verheerungen, die ohne Helden auskommt.

Die Jury über Christian Kracht: "Eurotrash" (Kiepenheuer & Witsch Verlag)
In einer listig arrangierten Autofiktion unternimmt der Erzähler mit Namen Christian Kracht eine Reise mit seiner achtzigjährigen alkohol- und tablettensüchtigen Mutter: von Zürich in die alte Heimat Gstaad und wieder zurück. Dabei möchten sie viel von dem Geld verschenken, das die Familie im Beziehungsgeflecht von Altnazis in der BRD angehäuft hatte. So frech und spektakulär kann nur Christian Kracht die "Aufarbeitung" einer Familiengeschichte misslingen lassen.

Die Jury über Veronika Sutter: "Grösser als Du" (Edition 8 Verlag)
Sie heißen Gloria, Helen oder Gino, und sie leben mit einem Geheimnis. Scham und Verleugnung hindern sie, über das zu sprechen, was hinter ihren Wohnungstüren passiert. "Grösser als du" versammelt 15 lose verbundene Erzählungen, die zwischen den Frauenstreiks von 1991 und 2019 angesiedelt sind. Es sind Stücke über Beziehungen und Momente, wo Liebe in Gewalt kippt. Mit präzisen Schnitten und überraschenden Wendungen bringt Veronika Sutter Licht in die dunklen Geschichten.

Die Jury 2021

Tommy Egger (Buchhändler, Buchhandlung im Volkshaus)
Sieglinde Geisel (Kulturjournalistin, NEU)
Daniel Graf (Kulturredakteur Republik, Jury-Sprecher)
Annette König (SRF-Literaturbloggerin)
Hubert Thüring (Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft, Universität Basel)

Preisverleihung

Der Schweizer Buchpreis 2021 wird am 7. November im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals BuchBasel im Theater Basel verliehen.