Jahrescharts 2020: Fitzek und Obama räumen ab

Fitzek: "Keine Scheu vor Tabuthemen"

4. Januar 2021

Barack Obama und Sebastian Fitzek sind die Chartstürmer 2020 – erobern souverän die ersten Plätze bei Sachbuch und Belletristik. Im Börsenblatt-Interview spricht Fitzek über sein Erfolgsrezept, sein soziales Engagement – und den nächsten Thriller.

Wie schon 2018 ("Der Insasse") und 2019 ("Das Geschenk") kann sich Sebastian Fitzek auch in diesmal wieder ganz oben in den Belletristik-Jahrescharts (Hardcover) einnisten, mit seinem aktuellen Thriller "Der Heimweg" (Droemer). Wie die beiden Vorgänger ist auch dieses Buch erst im Oktober erschienen – offenbar ein perfekter Termin, um einen Bestseller zu landen. Seit Kalenderwoche 43 ist "Der Heimweg" auf Platz Eins der Wochencharts abonniert (und damit häufigster Chart-König). Laut Verlag wurden bis zum 22. Dezember mehr als 600.000 Exemplare abgesetzt, auch das E-Book laufe außerordentlich gut. "Wir sind völlig überwältigt und dankbar über diesen Erfolg und die große Treue der Fans", so Unternehmenssprecherin Katharina Ilgen. "Allerdings zeigen die Zahlen auch, dass wir neue Leser*innen dazugewonnen haben – und das ist in diesen seltsamen Zeichen besonders schön."

Fünf Fragen an Sebastian Fitzek

Jedes Jahr landen Sie einen neuen Top-Bestseller – warum gehen Ihnen die Ideen nicht aus?
Kreativität entsteht durch den Umgang mit kreativen Menschen. Ich habe das große Glück, privat wie beruflich, besonders viele außergewöhnliche Geister in meiner Nähe wissen zu dürfen, die mich motivieren und inspirieren. Zudem scheint mein Verdrängungsmechanismus nicht so zu funktionieren, wie bei anderen Menschen. Ich würde mir manchmal wünschen, einen weniger paranoiden Blick auf Alltagssituationen zu haben, wie etwa wenn mich mein Postbote bittet, ein Paket für einen mir unbekannten Nachbarn anzunehmen, und ich unweigerlich denken muss, mit dem Paket das Grauen in mein Heim zu lassen. Ob meine zukünftigen Ideen dann wieder das Zeug zu einem Top-Bestseller haben, wie Sie es nennen, kann ich natürlich nicht vorhersagen. Das liegt einzig und allein an den Leserinnen und Lesern, denen ich für ihren enormen Zuspruch unglaublich dankbar bin.

Zu welcher Tageszeit schreiben Sie am liebsten?
Das ist mir eigentlich egal, da ich beim Schreiben ohnehin jedes Zeitgefühl vergesse.

Manch‘ Kritiker sagt, Ihre Thriller seien zu blutrünstig – was entgegnen Sie?
So pauschal ist das nicht richtig, denn ich habe sogar schon Thriller geschrieben, die komplett ohne eine Leiche auskommen. Allerdings habe ich auch keine Scheu, so genannte Tabuthemen aufzugreifen wie Kindesmisshandlung oder wie häusliche Gewalt in meinem aktuellen Buch 'Der Heimweg'. All diese Massendelikte haben leider eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz. Jede vierte Frau zum Beispiel ist in Deutschland von sexualisierter Gewalt in der Partnerschaft betroffen. Alle schrecklichen Erlebnisse, die ich in 'Der Heimweg' skizziere, basieren im Kern auf Taten, dir mir Opfer geschildert haben.  

Sie haben dieses Jahr eine Charity-Aktion gestartet. Warum war Ihnen das wichtig?
Ich hatte während des ersten Lockdowns große Sorge um den stationären Buchhandel, der schon vor seiner Zwangspause zum Teil mehr durch die Liebe und Leidenschaft engagierter Buchhändlerinnen und Buchhändler, als durch gewaltige Umsätze am Leben erhalten wurde. Aus diesem Grund habe ich gemeinsam mit meinen Social-Media-Followern eine Charity-Anthologie ins Leben gerufen, die unter dem Titel 'Identität 1142' jetzt schon wochenlang in der Bestsellerliste steht. Das freut mich deshalb so sehr, da alle Gewinne dieses Buches dem 'Sozialwerk des Deutschen Buchhandels' zu Gute kommen, und damit unverschuldet in Not geratenen Buchhändlerinnen und Buchhändlern. Der Buchhandel in seiner Vielfalt ist für mich ein absolut schützenswertes Kulturgut. Hier werden neue Autorinnen und Autoren empfohlen, hier finden Lesungen statt, hier sind Cover nicht nur kleine Briefmarken auf dem Bildschirm, sondern sehr oft regelrechte Kunstwerke, die man gerne 'begreift'. Nur drei von tausenden von Gründen, weshalb mir der Erhalt des stationären Buchhandels so wichtig ist.  

Worum dreht sich Ihr nächster Thriller?
Ich darf nur sagen, dass bei dem Thriller, an dem ich gerade schreibe, Musik ein zentrales Thema sein wird. Wenn ich mehr verrate, werde ich wieder geknebelt und in ein fensterloses Loch gesperrt. Mein Verlag ist da sehr rabiat. 

(Fragen: Matthias Glatthor)

"Der Heimweg" ist nicht der einzige Fitzek-Titel, der es in unsere Jahrescharts schafft. Die TB-Ausgabe von "Der Insasse" (Knaur Tb.) belegt in der Taschenbuchliste den zweiten Platz. In der Krimiliste ist Fitzek mit diesen beiden – auf Platz Eins und Drei – sowie "Das Geschenk“ (Droemer) auf Platz 23 zu finden. Insgesamt stehe man mit allen Fitzek-Bänden aktuell bei einer Gesamtauflage von gut über 13 Millionen Exemplaren, so Katharina Ilgen.

Statistisches zur Belletristik-Liste (Hardcover): Die Holtzbrinck Buchverlage und die Hanser Verlage sind mit jeweils fünf Titel in den Top 25, vier kommen von Bonnier-Verlagen, jeweils drei von der Penguin Random House Verlagsgruppe und Bastei Lübbe, zwei von Diogenes und jeweils einer von Dumont, Matthes & Seitz Berlin und Suhrkamp. 17 Titel stammen von Autoren (dabei zweimal von einem Autorenduo), acht von Autor*innen.

Top 10 der Jahrescharts 2020: Belletristik (Hardcover)

  1. Sebastian Fitzek: "Der Heimweg" (Droemer)
  2. Delia Owens: "Der Gesang der Flusskrebse" (Hanserblau)
  3. Ken Follett: "Kingsbridge - Der Morgen einer neuen Zeit" (Lübbe) Hardcover
  4. Charlotte Link: "Ohne Schuld" (Blanvalet)
  5. Dirk Rossmann: "Der neunte Arm des Oktopus" (Lübbe)
  6. Elke Heidenreich: "Männer in Kamelhaarmänteln" (Hanser)
  7. Robert Seethaler: "Der letzte Satz" (Hanser Berlin)
  8. Volker Klüpfel, Michael Kobr: "Funkenmord" (Ullstein)
  9. Renate Bergmann: "Dann bleiben wir eben zu Hause!" (Ullstein Tb., ist aber eine Hardcover-Ausgabe)
  10. Joachim Meyerhoff: "Hamster im hinteren Stromgebiet" (Kiepenheuer & Witsch)

Top 10 der Jahrescharts 2020: Krimi (HC, PB, TB)

  1. Sebastian Fitzek: "Der Heimweg" (Droemer)
  2. Jean-Luc Bannalec: "Bretonische Spezialitäten" (Kiepenheuer & Witsch)
  3. Sebastian Fitzek: "Der Insasse" (Knaur Tb.)
  4. Klaus-Peter Wolf: "Ostfriesenhölle" (Fischer Tb.)
  5. Charlotte Link: "Ohne Schuld" (Blanvalet)
  6. Dirk Rossmann: "Der neunte Arm des Oktopus" (Lübbe)
  7. Volker Klüpfel, Michael Kobr: "Funkenmord" (Ullstein)
  8. Ragnar Jónasson: "Dunkel" (btb)
  9. Charlotte Link: "Die Suche" (Blanvalet)
  10. Klaus-Peter Wolf: "Rupert undercover - Ostfriesische Mission" (Fischer Tb.)

Obama rockt das Sachbuch - zweimal

Mit "Ein verheißenes Land" (Penguin), dem ersten Teil seiner Erinnerungen, ist dem früheren US-Präsidenten Barack Obama ein Coup gelungen. Am ersten Verkaufstag (weltweit 17. November) wurde "A Promised Land", so der englische Titel, in den USA und Kanada fast 890.000 Mal (alle Formate) abgesetzt.

In Deutschland belegte der Titel in der ersten Woche (KW 47) gleich die ersten drei Plätze der Sachbuch-Charts (Hardcover): Mit der deutschen, der britischen (auch in den Jahrescharts: Platz 9) und der US-amerikanischen Ausgabe. Die deutsche Ausgabe führt seither das Wochen-Feld an. Kein Wunder, dass "Ein verheißenes Land" in unseren Jahrescharts ganz oben rangiert.

In der Woche vor Weihnachten hatte Penguin die vierte Auflage im Druck – was die Auflage auf insgesamt 600.000 Exemplare hob. Die fünfte Auflage mit weiteren 100.000 Büchern sei beauftragt, so der Verlag weiter. Bis zum 16. Dezember habe man mehr als eine halbe Million Bücher ausgeliefert.  

Barack Obamas Erinnerungen haben den Absatz von "Becoming" (Goldmann) seiner Frau Michelle noch einmal angekurbelt. Ihr 2018 erschienenes Buch landet auf Platz 5 (Vorjahr: Drei). "Becoming" wurde mittlerweile über 850.000 Mal in allen Ausgabearten verkauft, teilte der Verlag Mitte Dezember mit. Auch hier wurde nachgedruckt.

  • Die Penguin Random House Verlagsgruppe belegt zwölf Plätze in den Hardcover-Charts – rechnet man die englische Ausgabe "A Promised Land" von Barack Obama hinzu, dann ist Penguin Random House mit 13 Titeln präsent.
  • Das Gros der Titel, nämlich 20, ist in diesem Jahr veröffentlicht worden. Bas Kast, mit "Der Ernährungskompass" (ET: März 2018) Spitzenreiter der Jahrescharts 2019, kommt mit seinem Dauerbrenner noch auf Platz Sieben.
  • Insgesamt können sich nur fünf Autorinnen in die Top 25 einreihen: Maja Göpel, Mary L. Trump, Michelle Obama, Monika Gruber und Kübra Gümüsay.
  • 16 der Jahrgangsbesten gehören zur Warengruppe 97 (Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) – hier wäre noch "A Promised Land" hinzuzuzählen.

Top 10 der Jahrescharts 2020: Sachbuch (Hardcover)

  1. Barack Obama: "Ein verheißenes Land" (Penguin)
  2. Ferdinand von Schirach, Alexander Kluge: "Trotzdem" (Luchterhand)
  3. Maja Göpel: "Unsere Welt neu denken" (Ullstein)
  4. Mary L. Trump: "Zu viel und nie genug" (Heyne)
  5. Michelle Obama: "Becoming" (Goldmann)
  6. Richard David Precht: "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens" (Goldmann)
  7. Bas Kast: "Der Ernährungskompass" (C. Bertelsmann)
  8. Monika Gruber, Andreas Hock: "Und erlöse uns von den Blöden" (Piper)
  9. Barack Obama: "A Promised Land" (Viking; UK)
  10. Campino: "Hope Street" (Piper)

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.