Akademie der Künste

Heinrich-Mann-Preis 2023 an György Dalos

13. Januar 2023

Der ungarische Autor, Historiker und Übersetzer György Dalos erhält den Heinrich-Mann-Preis 2023. „Er zählt zu den bedeutenden Mittlerfiguren zwischen Ost- und Westeuropa“, so die Jury.

Die Jury bildeten Ingo Schulze, Jutta Person und Lothar Müller. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis für Essayistik wird am 28. März 2023, einen Tag nach Heinrich Manns Geburtstag, in der Akademie der Künste am Pariser Platz verliehen. Die Preisträger:innen der letzten Jahre waren Lothar Müller (2022), Kathrin Passig (2021) und Eva Horn (2020).


György Dalos‘ umfangreiches Werk schlage einen großen Bogen von der Teilung Europas über den Zerfall der Sowjetunion bis hin zum Projekt einer illiberalen Demokratie in seinem Heimatland Ungarn, so die Jury. Seine Kritik sei auch immer Selbstkritik, sein Humor könne sarkastisch werden, sein Wortwitz prägnant und erhellend. „Wer György Dalos liest, gewinnt nicht nur neue Einblicke in die europäische Zeitgeschichte – sondern in die gesamte Genealogie der Gegenwart“, resümieren die Juroren und die Jurorin in ihrer Preis-Begründung.

Kurzbiografie des Preisträgers
György Dalos, 1943 in Budapest geboren, lebt in Berlin. Die Kindheit verbrachte er bei seiner Großmutter, da sein Vater 1945 an den Folgen des Arbeitslagers starb, in das man ihn wegen der jüdischen Herkunft der Familie verbracht hatte. Von 1962 bis 1967 studierte er Geschichte an der Lomonossow-Universität Moskau und arbeitete anschließend als Museologe in Budapest. 1964 erschien sein erster Gedichtband. 1968 wurde er wegen „maoistischer Umtriebe“ zu einer siebenmonatigen Haftstrafe verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach Verhängung eines Berufs- und teilweisen Publikationsverbots war er als Übersetzer tätig. 1977 gehörte er zu den Mitbegründern der demokratischen Oppositionsbewegung in Ungarn. 1984 war er Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD und wurde Mitarbeiter der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen. 1988/89 gehörte er zur Redaktion der ostdeutschen Untergrundzeitschrift Ostkreuz. Von 1992 bis 1996 war er Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-Stiftung. Von 1995 bis 1999 war er Leiter des „Hauses Ungarn“ in Berlin und 1999 Koordinator des Themenschwerpunktes „Ungarn“ der Frankfurter Buchmesse. Bis Ende 2011 war er als Mitherausgeber der deutschen Wochenzeitung Freitag tätig. Seit 1997 ist György Dalos Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und war dort von 2014 bis 2016 Sekretär der Klasse Literatur und Sprachpflege.

Preise und Auszeichnungen
Adelbert-von-Chamisso-Preis, Gryphius-Sonderpreis, Milán-Füst-Preis, Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, Goldene Plakette des Präsidenten der Republik Ungarn, Offizierskreuz der Republik Ungarn, Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.

Veröffentlichungen (Auswahl)
Meine Lage in der Lage. Gedichte und Geschichten (1979), Neunzehnhundertfünfundachtzig (1982), Mein Großvater und die Weltgeschichte (1985), Die Beschneidung. Eine Geschichte (1990), Der Versteckspieler. Eine Geschichte (1994), Der Rock meiner Großmutter. Frühe Prosa (1996), Der Gottsucher. Eine Geschichte (1999), Ungarn in der Nussschale. Geschichte meines Landes (2004), Die Balaton-Brigade. Eine Geschichte (2006), Jugendstil. Eine Geschichte (2007), Der Fall des Ökonomen (2012). Die Redaktion aller Bücher des Autors in deutscher Sprache besorgte Elsbeth Zylla.