Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Murakami, Boyle und Evers starten durch

4. Februar 2021

Die drei Autoren holen sich sofort die Plätze Eins, Zwei und Drei in unseren Belletristik-Charts (HC). Welche Marketing-Aktionen sie in Lockdown-Zeiten unternommen haben, berichten ihre Verlage. Beim Sachbuch (PB) springt ein neuer Titel von Noam Chomsky auf den ersten Platz. Bei den Ratgebern boomen Brotback-Bücher. Die aktuellen Bestsellerlisten auf Börsenblatt online.

Belletristik: Murakami, Boyle und Evers neu auf dem Treppchen

Ganze acht, allesamt neugierig machende Neueinsteiger rücken in dieser Woche in unsere Belletristik-Charts (Hardcover) ein – darunter drei Bestseller-Garanten auf den ersten drei Plätzen. So sieht das Podium aus:

  1. Haruki Murakami mit "Erste Person Singular" (Dumont)
  2. T.C. Boyle mit "Sprich mit mir" (Hanser)
  3. Horst Evers mit "Wer alles weiß, hat keine Ahnung" (Rowohlt Berlin)

Der Japaner Murakami legt mit "Erste Person Singular" einen melancholischen Erzählungsband im "typischen Murakami-Mood" (BR Diwan) vor, bei dem es laut Verlag um Jugenderinnerungen, vergangene Liebschaften, philosophischen Betrachtungen, Literatur, Musik und Baseball geht. Den Erscheinungstermin des Titels (26. Januar) wegen des Lockdowns zu verschieben, war nie ernsthaft in der Überlegung, so Presseleiterin Marie Claire Lukas gegenüber Börsenblatt online: "Wir alle (auch die Buchhandlungen) brauchen ja gerade im Lockdown umsatzstarke Titel, die auch in der Presse viel Aufmerksamkeit bekommen. Da konnten wir uns bei Murakami sicher sein." Was sich mit Blick auf die Charts bewahrheitet hat.

Die Startauflage für "Erste Person Singular" betrage 60.000 Exemplare, ausgeliefert habe man 50.000. "Der stationäre Buchhandel hat sehr gut bestellt." Zur Werbung für den Titel hat man verstärkt auf Online-Maßnahmen gesetzt: "Gerade in der momentanen Situation haben wir die verbindende Eigenschaft von Literatur fördern wollen. Damit die Leser*innen sich finden und miteinander diskutieren können, haben wir nicht nur den Hashtag #MurakamiLesen ins Leben gerufen, sondern gleichzeitig eine Website inklusive Mini-Community kreiert: www.murakamilesen.de", erläutert Lukas.

Ein weiterer Hochkaräter folgt mit dem US-Autor T.C. Boyle und "Sprich mit mir" (Hanser) auf dem zweiten Platz. Im Mittelpunkt der an den "Planet der Affen" gemahnenden Story steht der Schimpanse Sam, der wie ein Menschenkind bei Menschen aufgezogen wird, die Zeichensprache lernt, Latzhosen trägt und Pizza liebt. Ein Forschungsprojekt soll untersuchen, ob Affen den Menschen vielleicht doch ähnlicher sind als bis dahin angenommen – dann wird dieses abgebrochen...

Die Startauflage liege bei 50.000 Exemplaren, so Presseleiterin Christina Knecht, ein Nachdruck sei bereits in Planung. Hat sich der Lockdown auf die Verkaufskanäle ausgewirkt? "Nach wie vor ist der stationäre Buchhandel, der ja selbst die unterschiedlichsten Vertriebswege nutzt, unser wichtigster Partner", betont Knecht. Auch Hanser hat digitale Marketing-Aktivitäten unternommen: "Zum Buchstart hatten wir ein Zoom-Meeting mit T.C. Boyle und 130 Buchhändlern, T.C. Boyle hat uns einen Video-Gruß [Link zum Video mit Boyle, Baby, Katze und Hund] an die Buchhändler und Leser geschickt, der auf jeder Buchhandels-Webseite eingebunden werden kann", so die Presseleiterin. "Eine kleine digitale Lesereise mit Denis Scheck und TCB folgt Mitte Februar, den teilnehmenden Buchhandlungen stellen wir eine Wackelkarte mit Buchmotiv und schriftlichem Boyle-Gruß für ihre Kunden zur Verfügung". Und das Beste sei: "Wir durften wieder die Weltpremiere eines Boyle-Romans feiern, die englische Ausgabe erscheint erst im Mai (oder gar September)", freut sich Knecht.

Einen Video-Mitschnitt der digitalen Weltpremiere seines neuen Romans am 24. Januar bei Radioeins (rbb), bei der Boyle (auf Deutsch) bedauert, diesen nicht – wie gewohnt – persönlich in Deutschland vorstellen zu können, findet sich zum Nachsehen auf YouTube:

Weltpremiere von "Sprich mit mir" bei Radioeins

Hanser hat bislang 19 Romane und sieben Story-Bände von T.C. Boyle veröffentlicht. Die Gesamtauflage über alle Ausgabearten dürfte bei einigen Millionen liegen, schätzt Christina Knecht grob ein.

Den dritten Platz schließlich erobert auf Anhieb Horst Evers mit "Wer alles weiß, hat keine Ahnung" (Rowohlt Berlin). Evers erzählt ins Komische gedrehte Alltagsgeschichten. Seine "Pointen sind so gut, dass sie einem noch Jahre nach dem Lesen im Kopf rumschwirren", meint etwa Marc-Uwe Kling (zitiert auf der Verlagswebsite). Die Startauflage umfasse 30.000 Exemplare, so Wendy Kerstan, Rowohlt Berlin Presse, gegenüber Börsenblatt online. Und ein Nachdruck sei bereits beauftragt. "Für einen Autor wie Horst Evers ist und bleibt der stationäre Buchhandel der wichtigste Vertriebsweg", unterstreicht auch sie.

Wie hat man das Marketing an die aktuelle Corona-Lage angepasst? "Als klar war, dass es einen Lockdown gibt, haben wir genau überlegt, wo wir die Leser*innen erreichen. Bei Horst Evers auf jeden Fall über Anzeigen in Zeitungen und Magazinen. Aber auch über Außenwerbung, nur eben nicht an den üblichen Stellen wie Bahnhöfe, weil dort die Frequenz derzeit nicht sehr hoch ist, sondern in Wohngebieten auf Litfaßsäulen, in der Nähe von Buchhandlungen. Wir gehen alle gerade viel spazieren, und so begegnet man unserer Werbung dann unterwegs."

Evers sei ein Mann der Bühne, er liebe die persönliche Begegnung und das Gespräch mit dem Publikum, mit den Leser*innen und den Buchhändler*innen. All dies vermisse er sehr. "Aber die Lesungstermine entfallen nicht, sie sind nur auf den Sommer und Herbst verschoben", blickt Kerstan voraus. 

Die anderen fünf Premieren in den Hardcover-Charts im Überblick:

  • Platz 8: "Krass" (Rowohlt) von Büchnerpreisträger Martin Mosebach. Sein "Roman über das, was das Verstreichen von Zeit mit Menschen tut, ist zugleich Liebesroman und Mephisto-Geschichte", so der Verlag.
  • Platz 12: "Vati" (Hanser) von Monika Helfer. Nach dem erfolgreichen "Die Bagage" ein weiterer autofiktionaler Roman der österreichischen Autorin.
  • Platz 13: "Das Karussell der Verwechslungen" (Lübbe) von Andrea Camilleri. Band 23 der Reihe um Commissario Montalbano auf Sizilien.
  • Platz 18: "Der Solist" (Rowohlt) von Jan Seghers. Protagonist des Krimis ist nicht sein Frankfurter Kommissar Robert Marthaler, sondern der Frankfurter Ermittler Neuhaus, der in eine neue Sondereinheit nach Berlin wechselt.
  • Platz 19: "Kalmann" (Diogenes) von Joachim B. Schmidt. Ein Island-Thriller.

Sachbuch: Seuchen und neue Weltordnung

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hält mit seiner Autobiografie "Ein verheißenes Land" (Penguin) nun schon seit zehn Wochen den Spitzenplatz in unseren Sachbuch-Charts (Hardcover). Auf den zweiten Rang klettert (in der Vorwoche neu Platz 10 eingestiegen) die Biografie der neuen, demokratischen US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Geschrieben hat sie der US-Journalist Dan Morain, auf Deutsch liegt "Kamala Harris" bei Heyne vor.

  • Bei der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten und seiner Vize-Präsidentin hatte die 22-jährige Poetin Amanda Gorman mit einem Gedicht für Furore gesorgt. Diieses liegt bald auf Deutsch vor – siehe Meldung auf Börsenblatt Online.

Neu dabei in den Sachbuch-Charts (HC) sind drei Titel: In "Letzte Chance" (DVA; Platz 14) räsonieren der Historiker Gregor Schöllgen und Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder über eine neue Weltordnung angesichts der ihrer Meinung nach überlebten Strukturen der westlichen Welt. Sie wollen damit eine Debatte anstoßen. Bill Buford begibt sich in seiner kulinarischen Reportage "Dreck" (Hanser; Platz 17) auf die Suche nach den Geheimnissen der französischen Küche.

Die große Pest im Mittelalter (1347 bis 1353) war eine der verheerendsten Epidemien der Menschheitsgeschichte – und hat die Welt verändert: Wie das ablief, analysiert der Historiker Volker Reinhardt "Die Macht der Seuche" (C.H. Beck; Platz 24). In seiner Einleitung zieht er Vergleiche zur Corona-Pandemie. "Ein Epilog verweist am Ende erneut auf Parallelen und Unterschiede zwischen der Pest in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts und der Pandemie von 2020 und lädt wie das ganze Buch zu einem Vergleich ein zwischen der Pest im Mittelalter und Covid-19 heute", schreibt er darin. Dabei sei es jeder Leserin und jedem Leser selbst überlassen, Schlüsse zu ziehen.

Noam Chomsky auf Platz 1

Um eine neue Weltordnung geht es auch dem Senkrechtstarter – von Null auf Eins – in der Paperbackliste: Noam Chomskys "Rebellion oder Untergang!" (Westend). "Die Originalausgabe des Buches ist 2020 bei Routledge erschienen, wir haben rasch Kontakt mit Chomskys Agentur aufgenommen und haben uns im Mai 2020 die Rechte gesichert", berichtet Rüdiger Grünhagen, Geschäftsleitung Presse und Öffentlichkeitsarbeit, auf Anfrage. Bereits zu Noam Chomskys 90. Geburtstag im Dezember 2018 hatte man sein Buch "Kampf oder Untergang" herausgebracht, das eine sehr breite Leserschaft gefunden habe. "Auf dieser Basis und da Noam Chomsky einer der größten Intellektuellen der heutigen Zeit und Kritiker des zügellosen Kapitalismus ist, war es für uns ganz klar, dass wir uns um die Rechte für sein neues Buch bemühen. Chomsky bei Westend, das passt einfach."

Für die deutschsprachige Ausgabe habe Chomsky dann noch ein ausführliches Interview gewährt, "das am 16. Dezember, also nach den Präsidentschaftswahlen in den USA, geführt wurde und dank eines Parforceritts des Übersetzers Michael Schiffmann noch Eingang ins Buch gefunden hat", so Grünhagen.

Im Buch fordere Chomsky globalen Ungehorsam und die Mobilisierung in internationalen Volksbewegungen, wenn wir unsere Zivilisation retten wollen, fasst Grünhagen zusammen. Neben den Bedrohungen durch Atomwaffen und den Klimawandel nenne Chomsky eine dritte existenzielle Gefahr: die Aushöhlung des demokratischen Prozesses durch die nie dagewesene globale Macht der Konzerne, die ihrerseits weiter zur Verschärfung der Klimakrise und der Gefahr eines Atomkriegs beitrage. Die Startauflage sei nahezu vergriffen, die zweite Auflage bereits unterwegs.

Ratgeber: Sein eigenes Brot backen

In den Ratgeber-Charts tut sich in dieser Woche wenig, an der Spitze stehen wie in der Vorwoche:

  1. Stefanie Stahl mit "Das Kind in dir muss Heimat finden" (Kailash; 176 Wochen in den Charts)
  2. "Die Ernährungs-Docs – Gesund und schlank durch Intervallfasten" (ZS Verlag; vier Wochen in den Charts)
  3. Franziska Rubin: "7 Minuten am Tag" (Knaur MensSana; 13 Wochen in den Charts)

Gleich dahinter, auf Platz 4, reiht sich der einzige Neuling in die Ratgberliste ein: Brotback-Guru Lutz Geißler mit "Krume und Kruste – Brot backen in Perfektion" (Becker Joest Volk). Das könnte sicherlich mit dem neuerlichen Lockdown und der verstärkten Nutzung des heimischen Backofens zusammenhängen, ist der Titel doch bereits im September 2020 erschienen. Geißler ist zudem mit drei weiteren Brot-Titeln in unseren aktuellen Wochencharts vertreten – darunter zwei Wiedereinsteiger: "Die besten Brotrezepte für jeden Tag" (Becker Joest Volk; Platz 14; ET: November 2019) und "Brot backen in Perfektion mit Sauerteig" (Becker Joest Volk; Platz 21; ET: September 2017). Sein "Brot backen in Perfektion mit Hefe" (Becker Joest Volk; ET: September 2016) steht auf Platz 24 (Vorwoche: Platz 22).

Wieder in die Charts (Platz 25) kommt auch "Abnehmen mit Brot und Kuchen Teil 3" (Dplusa; ET: Oktober 2020) von Güldane Altekrüger.

Der Link zu den Wochenlisten:

https://www.boersenblatt.net/news/bestseller

In dieser Woche haben es 28 Neueinsteiger in unsere Charts geschafft. Zusätzlich ist bei der Bestsellerliste "Essen & Trinken / Ernährung" (zwei Unterwarengruppen bei den Ratgebern), neu auf Platz 21 dabei: "DDR-Kochbuch und DDR-Backbuch Set" (Bild und Heimat Verlag).

Hinzu kommen 24 Wiedereinsteiger, plus drei in den Charts "Essen & Trinken / Ernährung".

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.

Text: Matthia Glatthor (Börsenblatt)