Auch in Leipzig, wo man noch vor Monaten – vom Biergarten bis zur großen Bühne – stark auf Open-Air-Lösungen setzte, hat man derzeit keine rechtliche Grundlage für die Planung physischer Veranstaltungen. Der aktuell sachsenweit geltende Lockdown läuft am 9. Mai aus; ab 10. Mai erwartet der Freistaat ein neues Infektionsschutzgesetz, das eventuell Lockerungen enthalten könnte. Fällt die Sieben-Tage-Inzidenz in Leipzig (aktuell 112) fünf Tage hintereinander unter 100, würde zudem die Bundesnotbremse nicht mehr greifen. Was das alles für Leipzig liest extra bedeutet? Hätte, hätte, Infektionskette. Um das Hintertürchen für etwaige physische Veranstaltungen wenigstens einen Spalt weit offenzulassen, arbeitet man in diesem Jahr ausschließlich mit Kultur-Orten zusammen, die es gewohnt sind, professionelle Hygienekonzepte schnell aufzustellen und umzusetzen.
Das Rückgrat der Veranstaltung, die kritische Masse an physisch anwesenden Autor*innen und Moderator*innen, wird durch die Aktivitäten der öffentlich-rechtlichen Anstalten gesichert. Die Alte Handelsbörse am Naschmarkt wird zum ARD-Forum, in dem rund 50 Autor*innen mit ihren Büchern vorgestellt werden. Federführend agiert hier der MDR, der bereits im März 2020 sein gesamtes Bühnenprogramm kurzfristig in ein digitales Studioprogramm für die gesamte ARD umplante.
Das Blaue Sofa, ein Gemeinschaftsprojekt von Bertelsmann, ZDF, Deutschlandfunk Kultur und 3sat, verlässt in diesem Jahr seinen angestammten Platz in der Glashalle und zieht in die Kongresshalle am Zoo. Die Veranstaltungen werden live gestreamt und sind in den Mediatheken von ZDF und 3sat abrufbar. Zusammenfassungen der Gespräche laufen zudem im ZDF und in 3sat.
Die ZDF-Kultursendung “aspekte” wird am 28. Mai mit einer Literatur-Schwerpunktsendung aus Leipzig berichten, die 3sat-“Kulturzeit” sich in bewährter Weise mit Neuerscheinungen und aktuellen Entwicklungen am Buchmarkt befassen. Eine Reportage aus Portugal, dem Gastland der Leipziger Buchmesse 2022, ist bereits abgedreht. Das alles ist mehr als business as usual, hier wird sehr laut für die aktuellen Frühjahrsprogramme, das Lesen (und Bücherkaufen!) getrommelt.
Da passt es gut, dass die Buchmesse in dieser Woche ein Plakat der Illustratorin Kat Menschik aufgelegt hat („Lasst uns lesen“), um ein Stück Leipzig liest in die Buchhandlungen der Republik zu bringen. Die Plakate liegen am 6. Mai dem Börsenblatt bei, können aber auch über die Website der Leipziger Buchmesse geordert werden.
Leipzig liest extra-Leuchttürme werden die Verleihung des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung an Johny Pitts und Laszlo Földényi (Nikolaikirche, 26. Mai) und des Preises der Leipziger Buchmesse (Kongresshalle am Zoo, 18. Mai) sein, ebenso wie der Leipzig liest-Abend mit Christoph Hein (Kongresshalle, 29. Mai). Mit etwas Glück könnte das Literaturhaus Leipzig, nicht zuletzt dank seines Gartens, zu einer Art Arche Noah der Literatur werden. Komm in den totgesagten Park und schau, darf man mit Stefan George sagen: Auf einen von Gregor Sander moderierten Abend mit der für den Buchmesse-Preis nominierten Judith Hermann (26. Mai) folgt ein Portugal-Abend (28. Mai), parallel läuft die dreitägige, in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung organisierte Veranstaltung „The Years of Change“ (27. – 29. Mai).
Die „Institutsprosa“ mit 18 ehemaligen Studierenden des Deutschen Literaturinstituts (27./28. Mai) wird womöglich live in den Garten des Hauses in der Wächterstraße übertragen. Parallel performen an beiden Tagen junge deutschsprachige Autor*innen zur Langen Leipziger Lesenacht L3 in den Gewölben der Moritzbastei – wer keinen Garten hat, den bestraft in diesem Fall womöglich die Hygiene-Verordnung. Das Forum Die Unabhängigen, in normalen Zeiten Messe-Magnet mit halbstündig getaktetem Programm, verlegt die Kurt Wolff Stiftung nun in den Westflügel des Lindenfels im Leipziger Westen. Am Samstag (29. Mai) wird die Premiere von „Die Unabhängigen – Spätausgabe“, die bereits 2020 die legendäre UV-Lesung ablösen sollte, im Literaturhaus-Garten stattfinden.