Coming-of-Age-Romane

Endloser Sommer

24. Juni 2021

Die erste Liebe, der erste Schmerz und das Gefühl, dass einem das Leben mit all seinen Möglichkeiten offensteht: Davon erzählen Coming-of-Age-Romane, die bei den Älteren die Erinnerung an ein ganz besonderes Lebensgefühl wecken.

Neben dir sitzt das Mädchen, das du liebst, die für dich aber unerreichbar ist, und zu Hause stirbt deine Mutter. Liebe und Leiden ganz nah beieinander – und doch bekommt das Leben irgendwie einen Sinn: Was der junge Sam in Benedict Wells’ Roman „Hard Land“ in jenem magischen Sommer in den 80ern erlebt, kann einem das Herz zerreißen. „Übermütig und wach und mittendrin und unsterblich“ – so fühlt sich nicht nur für Sam der Zauber und der Schmerz des Erwachsenwerdens an.

40 Jahre in die Vergangenheit entführt auch Ewald Arenz’ „Der große Sommer“. Latein: Fünf, Mathe: Fünf – wegen der drohenden Nachprüfung sind Frieders Aussichten auf die Ferien düster. Bis er im Freibad Beate kennenlernt. Mit ihr erlebt Frieder einen Sommer, der sein Leben prägen wird, und das im Guten wie im Schlechten. Romane über das Erwachsenwerden haben Konjunktur und auch Matthias Brandts tragikomisches Debüt „Blackbird“ gehört dazu. Sein Buch, das in den 70ern spielt und in dessen Mittelpunkt der 15-jährige Motte steht, punktet mit viel Einfühlungsvermögen, Humor und einer großen Portion Nostalgie. Wir erfahren von peinlichen Liebeserlebnissen, dem ersten Joint, aber auch von der Scheidung von Mottes Eltern und dem Krebs­tod seines besten Freundes, den er bis zum Schluss im Krankenhaus besucht. 

Neben Wolfgang Herrndorfs Roadnovel „Tschick“ (2010) zählt auch Elena Ferrantes vierbändige Nea­politanische Saga zu den modernen Klassikern des Coming-­of-Age-Genres – alles Ro­mane, die dieses besondere Lebensgefühl transportieren und die Erinnerungen an Liebe, Schmerz, Freiheit und endlose Sommer wecken. Auch Ferrantes neuer Roman, „Das lügenhafte ­Leben der Erwachsenen“, ist solch eine aufregende und höchst ­unterhaltsame Story – um eine Jugendliche im Neapel der 90er Jahre. Das Drama des Erwachsenwerdens kann sich allerdings auch ganz anders abspielen: Deepa Anaparra erzählt in ihrem Debüt „Die Detektive vom Bhoot-Basar“ eine spannungsreiche Geschichte über Heranwachsende in einem trostlosen indischen Slum – packend, brutal und einfühlsam.

DS

Benedict Wells
Hard Land

Diogenes, 352 S., 24,– €,
ISBN 978-3-257-07148-1

Ewald Arenz
Der große Sommer

DuMont, 320 S., 20,– €,
ISBN 978-3-8321-8153-6

Matthias Brandt
Blackbird

Kiepenheuer & Witsch, 
288 S., 12,– €,
ISBN 978-3-462-00142-6

Elena Ferrante
Das lügenhafte Leben der Erwachsenen

 Suhrkamp, 415 S., 24,– €,
ISBN 978-3-518-42952-5

Deepa Anaparra
Die Detektive vom Bhoot-Basar

Übersetzt von pocia und Roberto de Hollanda. 
Rowohlt, 400 S., 24,– €,
ISBN 978-3-498-00118-6